Plagiatsaffäre:SPD will abwarten

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Partei-Vizechef Ralf Stegner plädiert dafür, die Überprüfung von Ursula von der Leyens Dissertation abzuwarten. Die Medizinische Hochschule Hannover hat bereits angekündigt, ein Prüfverfahren zu eröffnen.

Von Christoph Hickmann und Tanjev Schultz, Berlin/München

Die SPD hat dazu aufgerufen, im Fall der Plagiatsvorwürfe gegen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zunächst die Prüfung ihrer Dissertation abzuwarten. "Das sind schwerwiegende Behauptungen", sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner am Montag zu den Recherchen der Internetplattform Vroniplag Wiki, die der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden von der Leyen vorwirft, in ihrer Doktorarbeit aus dem Jahr 1990 fremde Texte ohne saubere Kennzeichnung übernommen zu haben. Von der Leyen selbst habe um eine unabhängige Prüfung ihrer Arbeit gebeten, sagte Stegner weiter. Deren Ergebnis sei abzuwarten. Er sei darauf mindestens genauso gespannt wie die Fragesteller, sagte er bei einem Auftritt vor Journalisten.

Von der Leyens Sprecher trat der Vermutung entgegen, die Ministerin habe den Mitarbeitern der Plattform in einer Äußerung am Wochenende ideologische Motive unterstellen wollen: Dies treffe nicht zu, sagte der Sprecher. Von der Leyen hatte zuvor den Zeitungen der Funke-Mediengruppe gesagt, es sei "nicht neu, dass Aktivisten im Internet versuchen, Zweifel an Dissertationen von Politikern zu streuen". Mehrere Parteifreunde, darunter der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl, sprangen von der Leyen zur Seite und nahmen sie gegen die Vorwürfe in Schutz.

Von der Leyen hatte an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) promoviert, die nun die offizielle Untersuchung übernimmt. Die Ministerin trat, wie jetzt bekannt wurde, bereits im August selbst an die Hochschulleitung heran und bat um eine Überprüfung, nachdem sie von den Vroniplag-Recherchen gehört hatte. Für den Umgang mit Plagiatsvorwürfen haben die Universitäten eigene Regeln, sie orientieren sich dabei an sogenannten Regeln für die gute wissenschaftliche Praxis. "Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und anderen ist das Grundprinzip wissenschaftlichen Arbeitens" heißt es in den Grundsätzen der MHH. Als Fehlverhalten gilt unter anderem die "unbefugte Verwertung und Anmaßung von Autorschaft (Plagiat)".

Eine Ombudsperson der MHH hat die Vorwürfe gegen von der Leyen bereits einer Vorprüfung unterzogen. Seit Sonntag liegen die Ergebnisse der Hochschulleitung vor, die entschieden hat, nun eine Hauptprüfung durch die zuständige Kommission einzuleiten. Dies lasse aber "keinen Rückschluss auf das mögliche Ergebnis zu", erklärte die MHH am Montag. Die Schwelle für ein Verfahren sei "grundsätzlich niedrig". Ein Entzug des Doktorgrads kann, muss aber nicht das Ergebnis sein. Die zuständige Kommission besteht aus fünf Mitgliedern, darunter einem Juristen der MHH-Rechtsabteilung sowie vier Professoren.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) soll in ihrer Dissertation abgeschrieben haben. (Foto: Hannibal Hanschke/Reuters)
© SZ vom 29.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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