Pentagon:Gates: 2011 ist Schluss

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Verteidigungsminister Robert Gates, das einzige Überbleibsel der Bush-Administration in der Obama-Regierung, will nächstes Jahr abtreten. Washington spekuliert bereits, wer neuer Chef im Pentagon wird.

Christian Wernicke

Dass er früher gehen würde, stand fest. Nur wusste niemand, wann Robert Gates sich die Freiheit gönnen und seinen vorzeitigen Abschied aus Washingtons größtem und mächtigstem Regierungskomplex - dem Pentagon - nehmen wollte. "Mir scheint, irgendwo im Jahr 2011 ist die logische Möglichkeit für die Übergabe", hat Amerikas Verteidigungsminister nun gesagt. Auf den Tag genau wollte sich der bald 67 Jahre alte Republikaner zwar nicht festlegen. Aber er ließ durchblicken, er wolle lieber früher als später das Weite suchen.

Will 2011 Schluss machen: US-Verteidigungsminister Robert Gates. (Foto: Getty Images)

Gates ist ein Mann aus alten Zeiten. Eine Art Überbleibsel - nicht nur, weil er 2009 als Republikaner und einziger Minister der Vorgängerregierung weitermachte im Kabinett Obama. Vor 44 Jahren, in der Hochzeit des Kalten Krieges, hatte der Historiker bei der CIA angeheuert, und nach steiler Karriere im Geheimdienst und im Nationalen Sicherheitsrat hatte ihn Präsident George W. Bush 2006 noch einmal in die Pflicht gerufen. Bob Gates übernahm den Scherbenhaufen von Amerikas Kriegen im Irak und in Afghanistan. Den einen Militäreinsatz fährt Gates dieser Tage herunter - und am anderen Horizont macht er Silberstreifen aus: "Ich denke, bis nächstes Jahr werden wir wissen, ob die Strategie in Afghanistan funktioniert", sagt er.

"Es gibt Risiken"

Gates zieht bereits Bilanz. Im Gespräch mit dem Magazin Foreign Policy offenbart der frühere Sowjetexperte, dass er monatelang Zweifel gehegt habe an der Ausweitung des US-Kampfeinsatzes am Hindukusch. Den Minister plagten die Bilder vom kläglichen Scheitern der Roten Armee in den achtziger Jahren. Erst ein Artikel des neokonservativen Militärhistorikers Fred Kagan habe ihn daran erinnert, "dass das damals eine Invasion von außen war, bei der eine Million Afghanen getötet und fünf Millionen zu Flüchtlingen gemacht wurden".

Erstmals räumt Gates offen ein, er habe sich voriges Jahr lange gegen ein Kernelement von Präsident Obamas Afghanistan-Strategie gewehrt: "Das Zeitziel Juli 2011 war für mich eine schwere Hürde." Er hatte es abgelehnt, öffentlich und vorab ein Datum für den Beginn des US-Abzugs zu postulieren. "Aber ich habe mich überzeugen lassen, dass das nötig war, um Afghanistans Regierung wachzurütteln." Davon, dass Barack Obama einen Termin für den Anfang vom Ende des Kampfeinsatzes benötigte, um den Widerstand seiner Demokraten zu brechen, redet Gates nicht. Nur so viel: "Es gibt da Risiken. Aber Risiken gibt es mit allem im Krieg." Und falls die neue Strategie der Aufstandsbekämpfung scheitert, kommt dann der schnelle Abmarsch? "Ich weiß es nicht. Aber wir werden sicher nicht mit derselben Strategie weitermachen, wenn klar ist, dass das nicht funktioniert."

"Lahme Ente" im Pentagon?

Gates wirkt milde beim Blick zurück. Derselbe Mann, der den Nato-Verbündeten noch vor einem halben Jahr vorhielt, sie würden eine "Entmilitarisierung Europas" zulassen und ihre "echte oder empfundene Schwäche" könne die Feinde des Westens zum Angriff verleiten - dieser Mann lobt nun, dass die Europäer die Zahl ihrer Soldaten in Afghanistan von 17000 auf fast 50000 erhöht haben: "Ich bin überrascht."

Am Montag begannen prompt die Spekulationen über Gates' Nachfolge. Seine Stellvertreterin Michelle Flournoy wird ebenso gehandelt wie John Hamre, ein Pentagon-Experte, der das renommierte Center for Strategic and International Studies (CSIS) in Washington leitet. Auch der Name von Richard Danzig fällt wieder, Obamas engstem verteidigungspolitischen Berater im Wahlkampf 2008. Sorge, dass er wegen seiner Ankündigung nun als "Lahme Ente" im Pentagon gelten wird, macht sich Gates nicht. Er weiß, dass sein Wort bei Obama Gewicht hat. Bisher diente der Republikaner als Schutzschild gegen rechte Attacken. Duckt er sich, stünde Obama im Feuer.

© SZ vom 17.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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