Oppositionspolitiker:"Das Ganze ist Theaterdonner"

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Die rechte Regierung wolle von den echten Problemen des Landes ablenken, meint der linke Politiker Péter Juhász.

Interview von Cathrin Kahlweit

SZ: Warum plädiert Ihre Partei Együtt beim Referendum für Enthaltung?

Péter Juhász: Wir fordern alle auf, zu Hause zu bleiben, weil das kein wahrer Volksentscheid ist, sondern eine innenpolitische Kampagne. Außerdem: In dieser zugespitzten Lage wäre Fidesz sogar in der Lage, das Ergebnis zu fälschen; daher sollte man seinen Unmut über die ganze Sache mit Enthaltung zum Ausdruck bringen.

Die Regierung argumentiert, wenn das Quorum von 50 Prozent nicht erreicht werde, aber das Ergebnis eindeutig sei, sähe sie das als Bestätigung. Nach dieser Logik wäre eine Enthaltung dumm.

Egal, welches Ergebnis herauskommt: Das Referendum hat doch ohnehin keine rechtlichen Konsequenzen. Das Ganze ist Theaterdonner. Die Frage ist grundsätzlich eine Lüge: Brüssel will ja gar nicht Zehntausende Migranten hier ansiedeln.

Immerhin wollte Brüssel mal eine verpflichtende Quote . . .

Derzeit geht es um 1300 Menschen. Und jetzt, in der Kampagne, tut Orbán so, als wolle die EU Tausende und Abertausende hierher schicken. Außerdem: Ungarn verkauft - über Finanzmakler, die zum Teil in Steueroasen sitzen - die Staatsbürgerschaft an Ausländer aus aller Welt, die in Staatsanleihen investieren. Auf diese Weise haben schon Tausende einen ungarischen Pass gekauft. Wenn sie daran verdient, ist die Angst der Regierung vor den Fremden plötzlich weg.

Orbán kennt seit Monaten kein anderes Thema als die Flüchtlingskrise u nd ihre Auswirkungen auf Europa. Warum?

Das ist Propaganda. Dieses Land hat riesige Probleme in der Bildung, im Gesundheitswesen, mit der Korruption. Die Regierung braucht einen Gummiknochen, an dem die Bevölkerung kauen kann. Fremdenfeindlichkeit war schon immer ein Thema, um von den echten Problemen abzulenken. Orbán macht Politik mit Emotionen. Zudem wurde das Wahlgesetz so geändert, dass weniger als drei Millionen Wähler für eine absolute Mehrheit reichen; die will er auf Dauer hinter sich haben.

Warum gibt es so wenig öffentlichen Widerspruch?

Seit drei Jahren werden die staatlichen Medien auf Kurs getrimmt, private Medien wurden entweder von Strohleuten gekauft oder aus Angst vor ausbleibenden Anzeigen auf Regierungslinie geführt, daher gibt es immer weniger kritische Stimmen.

Aber auch die linken Parteien scheitern mit einer gemeinsamen Kampagne. Und in zwei Dritteln aller Wahlbezirke werden keine Beisitzer der Opposition anwesend sein, wenn ausgezählt wird.

Das stimmt leider. Wir haben kein Geld, keine Medien, alles wird vom Fidesz dominiert. Und: Die linken Parteien kämpfen immer noch viel zu sehr gegeneinander.

© SZ vom 30.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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