Opposition in Russland:Duma entzieht Kreml-Kritiker das Mandat

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Der Schritt soll nach Meinung von Beobachtern die russische Opposition einschüchtern: Die Duma hat dem Putin-Kritiker Gennadi Gudkow die Abgeordnetenrechte entzogen. Gudkow gilt als einer der Organisatoren der Massenproteste gegen Präsident Putin im Frühjahr.

Der russische Oppositionspolitiker Gennadi Gudkow ist ein bekennender Putin-Kritiker und hat sich mehrfach für freie Wahlen in seinem Land eingesetzt. Jetzt hat ihm die Duma sein Abgeordnetenmandat entzogen. Im russischen Parlament stimmten 291 Abgeordnete dafür, 150 Parlamentarier votierten dagegen, drei enthielten sich.

Gudkow verließ die Duma sofort und reckte dabei seine Faust kampfeslustig in die Höhe. "Wir haben uns heute vor der ganzen Welt selbst Schande bereitet", sagte der Politiker der Partei Gerechtes Russland nach der Abstimmung vor Journalisten. Das Land habe mit dem Ausschluss "einen Schritt in Richtung Bürgerkrieg gemacht".

Der 56-jährige Gudkow ist einer der Organisatoren der Massenproteste im Frühjahr, als Hunderttausende in Moskau und anderen russischen Städten gegen die erneute Wahl von Wladimir Putin zum Staatschef demonstriert hatten. Der beispiellose Schritt gilt als Versuch, die Opposition einzuschüchtern, wie Beobachter die Entscheidung in der Duma kommentierten.

Durch den Ausschluss verliert Gudkow seine Immunität. Seine Unterstützer befürchten, er könne verhaftet werden.

Offiziell steckt hinter dem Vorgehen ein Ermittlungsverfahren gegen Gudkow wegen mutmaßlicher Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Gudkow hatte am Wochenende in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Interfax erklärt, ihm liege die Kopie eines Briefes der Staatsanwaltschaft vor, in dem das Parlament aufgefordert werde, ihn baldmöglichst auszuschließen.

Gudkow ist seit 2001 Mitglied der Duma. Seine Partei hat vor dem Obersten Gerichtshof Widerspruch gegen den Ausschluss eingelegt, weil die Vorgaben für das Verfahren nicht eingehalten worden seien. Die Duma hat allerdings bereits mehrfach kritische Abgeordnete ausgeschlossen oder mit Redeverbot belegt, ohne sich an das dafür festgelegte Verfahren zu halten.

Das EU-Parlament hatte am Donnerstag die politische Verfolgung Gudkows kritisiert. Dieser Fall sei neben anderen ein Beweis für die mangelnde Rechtsstaatlichkeit in Russland, hieß es. Bei einer neuen Großkundgebung an diesem Samstag in Moskau will die Opposition auch gegen den Rauswurf Gudkows protestieren.

© dpa/AFP/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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