Olympische Spiele:Noch'n Versuch

Lesezeit: 2 min

In Nordrhein-Westfalen träumen Landespolitiker davon, Gastgeber für Olympia 2028 zu werden. Doch sonst hält niemand das für eine gute Idee - noch nicht einmal der Deutsche Olympische Sportbund.

Von BERND DÖRRIES

Wären gescheiterte Bewerbungen eine olympische Disziplin, Deutschland würde im Medaillenspiegel ganz weit oben stehen. Leipzig schied für 2012 in der Vorauswahl aus, München scheiterte bei den Winterspielen 2018, für den nächsten Anlauf 2022 konnten sich die Bürger nicht erwärmen. Genau wie in Hamburg, wo Olympia 2024 schon an einem Referendum scheiterte. Zu teuer, zu gigantisch, zu viel Doping, fanden die Menschen. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) versprach, sich in diesem Jahrzehnt nicht mehr zu bewerben. Eigentlich eine klare Botschaft.

Nur in Nordrhein-Westfalen scheint sie nicht ganz angekommen zu sein. Die Landespolitik befindet sich in Olympia-Euphorie und will die Spiele 2028 an Rhein und Ruhr holen. "Ich würde mich über nichts mehr freuen als Olympische Spiele in NRW", flötet Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. FDP-Chef Christian Lindner spricht von einem "großartigen Sportereignis". Waren die Spiele in Rio mit den üblichen Dopingskandalen und Milliardenkosten für viele wieder ein Beleg dafür, dass das olympische System nicht mehr reformierbar ist, so scheint in Nordrhein-Westfalen das Gegenteil der Fall zu sein. Kraft wünscht sich bescheidene Spiele, bodenständig und ökologisch. Es ist so, als würde man der Formel 1 vorschlagen, ihre Rennen künftig auf Radwegen abzuhalten. Die Idee für die Bewerbung stammt von Michael Mronz, dem Witwer von Guido Westerwelle, der eine Sportevent-Agentur betreibt. Auch über die Liberalen kam der Vorschlag in die Politik - und neun Monate vor den Landtagswahlen scheint keine Partei in der Lage zu sein, erst einmal in Ruhe nachzudenken, bevor man mit den olympischen Fähnchen wedelt. Aussichtsloser könnte eine Bewerbung kaum sein. Für die Spiele 2024 sind Paris, Rom und Budapest im Rennen, vier Jahre später wäre eine europäische Metropole chancenlos.

Für die Spiele 2028 können sich auch Regionen bewerben, das hätte im Falle Nordrhein-Westfalens den Vorteil, dass fast alle Sportstätten schon vorhanden seien, sagen die Befürworter. Schaut man genauer hin, gibt es aber nicht einmal ein olympiafähiges Leichtathletikstadion. Woher das hochverschuldete Bundesland die Milliarden für die Spiele nehmen will, ist ein Rätsel, bremst die Hochstimmung der Politik aber nicht. CDU-Chef Armin Laschet sieht seine Heimatstadt Aachen schon "fit für Olympia", er hat aber nicht einmal seinen Parteifreund Thomas de Maizière auf seiner Seite; der für Sport zuständige Innenminister hält wenig von einer Bewerbung.

Genau wie der Deutsche Olympische Sportbund, der die angedachte Bewerbung ausdrücklich nicht unterstützt. "Die jüngere Vergangenheit hat uns gelehrt, dass die Mehrheit der Menschen vor Ort nicht dafür zu gewinnen ist", sagt DOSB-Präsident Alfons Hörmann. Es ist fraglich, ob sich die Landespolitik von solchen Bedenkenträgern stoppen lässt. Die CDU will den Landtag über Olympia abstimmen lassen. Und das Düsseldorfer Sportministerium besitzt so viel Olympia-Fachkompetenz wie kein anderes Haus in Deutschland. Der dort zuständige Abteilungsleiter war bereits Geschäftsführer der gescheiterten Bewerbungen in München und Hamburg.

© SZ vom 05.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: