Österreich:Wettkampf um Europa

Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz kämpft mit Härte um seine Ziele.

Von Peter Münch

Österreichs Kanzler Sebastian Kurz nimmt die Politik sportlich; ins Amt ist er mit einem Triathlon gestartet: Die erste Disziplin absolvierte er sofort nach der Vereidigung in Brüssel, "Umarmen" war gefordert mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. In Paris stand vorige Woche dann "Maßnehmen" an Emmanuel Macron auf dem Programm, und nach dem Gipfeltreffen der beiden europäischen Jungstars tritt Kurz nun an diesem Mittwoch in Berlin bei Angela Merkel an, und zwar in seiner Königsdisziplin: "Beschwichtigen".

Mit großem Kilometer- und Energieaufwand will Kurz die skeptischen Partner davon überzeugen, dass er es trotz seiner Koalition mit der in EU-Fragen bestenfalls irrlichternden FPÖ ernst meint mit dem Versprechen der "proeuropäischen Regierung". Das ist eine kluge Geste. Sie ändert allerdings nichts daran, dass Kurz sich in wesentlichen Punkten ein anderes Europa vorstellt als Merkel und Macron.

Keine vertiefte Integration will er und schon gar keine "Vereinigten Staaten von Europa". Stattdessen will er unter dem Schlagwort "Subsidiarität" die Eigenständigkeit der Mitgliedstaaten stärken. Im zurückliegenden Streit um die Flüchtlingspolitik hat Merkel bereits merken können, dass Kurz sich dabei gerne zum Gegenspieler der deutschen Kanzlerin aufschwingt. In Berlin wird man sich darauf einstellen müssen, dass der neue Mann in Wien allfällige Auseinandersetzungen mit Ausdauer und sportlicher Härte führen wird.

© SZ vom 17.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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