Österreich:Ois hoib so wüd

Das Land darf sich auf mehr Zeit ohne einen Präsidenten freuen.

Von Stefan Ulrich

Aufgehoben, neu angesetzt, verschoben - ja, es ist kurios, wie sich Österreich mit der Wahl seines neuen Bundespräsidenten quält. Wäre man boshaft, könnte man spotten, die Österreicher hätten eben lieber ihre Habsburger Erbkaiser behalten sollen. Doch es ist schon genug Hohn und Häme über das Land geschüttet worden (und, nebenbei: der haltlose Kleber kommt offenbar zum Teil aus Deutschland). Nun ist daher ein Lob angebracht: Österreich tut gut daran, die Wiederholung der Präsidentwahl zu verschieben, weil diese sonst womöglich wieder aufgehoben werden müsste, was die nächste Wiederholung brächte. Also: Ois hoib so wüd - alles halb so wild.

Bedenklicher als das Wahlprozedere ist allerdings die Auswahl, die den Bürgern da geboten wird. FPÖ-Mann Norbert Hofer wäre, falls er Anfang Dezember gewählt wird, der erste Rechtspopulist an der Spitze eines EU-Landes. Probleme hat Europa aber schon genug. Sollte dagegen, wie bei der annullierten Wahl im Mai, erneut der Grünen-Kandidat Alexander Van der Bellen siegen, so würde ein Mann Staatschef, den die Mehrheit der Österreicher eigentlich gar nicht will. Er hätte sein Amt vor allem einem Anti-Hofer-Effekt zu verdanken.

So betrachtet, hat die Wahlverschiebung durchaus ihr Gutes: Die Österreicher können die nächsten Monate genießen, ohne sich über einen neuen Präsidenten ärgern zu müssen.

© SZ vom 13.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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