Österreich:Kein Boykott!

Intellektuelle fordern, Österreich zu ächten. Das aber wäre unklug.

Von Stefan Ulrich

Gewiss: Die Empörung über fremdenfeindliche, antieuropäische und nationalistische Äußerungen von Politikern der neuen österreichischen Regierungspartei FPÖ ist berechtigt. Doch Empörung ersetzt keine kluge Reaktion. Intellektuelle und Politiker aus aller Welt fordern nun in einem Appell, die anderen Regierungen der Europäischen Union sollten das Kabinett in Wien ächten und die österreichische EU-Präsidentschaft im kommenden Jahr boykottieren. Klug wäre das nicht.

Erstens sind ähnliche Sanktionen gegen eine Wiener Regierung mit FPÖ-Beteiligung schon einmal im Sande verlaufen. Zweitens könnten Strafen dazu führen, dass sich noch mehr Österreicher hinter die FPÖ stellen. Drittens müssten die EU-Staaten, wenn sie gegen Wien vorgehen vollen, zunächst einmal die Regierungen in Polen und Ungarn boykottieren, die dreist europäisches Recht brechen. Und viertens sollte die österreichische Regierung unter Kanzler Sebastian Kurz von der ÖVP erst einmal die Gelegenheit bekommen, den proeuropäischen Kurs zu halten, den sie versprochen hat.

Was also tun? Alles erdulden? Keineswegs. Falls Wien europäisches Recht bricht, indem es etwa eine rassistische Politik betreibt und die Rechte von Flüchtlingen missachtet, muss die EU dagegen vorgehen. Durch scharfe Kritik, bis hin zum Entzug des Stimmrechts, und im Extremfall durch die Aufforderung, die Union besser selbst zu verlassen. Doch so dramatisch wird die Lage hoffentlich nicht.

© SZ vom 30.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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