Österreich:Die Alarmisten

Vier Moscheen werden geschlossen. Die Regierung versucht, damit auf populistische Art zu punkten.

Von Peter Münch

Im Umgang mit jeder Form von Extremismus hat der Staat zwei Aufgaben: Er muss wachsam sein, und er darf nicht alarmistisch sein. Die Wachsamkeit schützt vor Gefahren, der Alarmismus ist gefährlich, weil er die Verhältnismäßigkeit aushebelt und Ängste schürt - und weil Populisten mit diesen Ängsten Politik betreiben.

Vor diesem Hintergrund kann man Österreichs Regierung Wachsamkeit bescheinigen, wenn sie nun Moscheen schließt, in denen rechtsradikale Graue Wölfe oder Salafisten ihr Unwesen treiben. Hier darf der Staat nicht wegschauen, weil Hassprediger die Saat ausstreuen können für Terror und Gewalt. Mit der Art der Ankündigung dieser Maßnahmen jedoch hat sich diese Regierung zugleich dem akuten Alarmismus-Verdacht ausgesetzt. Wenn sehr kurzfristig eine Pressekonferenz angesetzt wird, auf der Kanzler, Vizekanzler und obendrein noch zwei Minister in eiliger Vierfaltigkeit auftreten, dann wirkt das fast grotesk und in jedem Fall grob übertourt.

Dies verrät das Kalkül der beteiligten Politiker von Volkspartei und FPÖ, mit diesem sensiblen Thema auf populistische Art zu punkten. Es ist die Fortsetzung des österreichischen Wahlkampfs mit regierungsamtlichen Mitteln. Systematisch wird so ein Klima geschaffen, in dem notwendige Differenzierungen keinen Platz mehr finden. Da wird nicht mehr zwischen Islam und Islamismus unterschieden, und Flüchtlinge sind nur noch "illegale Migranten". Es gibt gute Gründe, einer solchen Politik gegenüber wachsam zu sein.

© SZ vom 09.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: