Österreich:Demonstrativ wachsam

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Die rechtskonservative Regierung in Wien will sieben Moscheen schließen und Imame ausweisen lassen - sie sollen gegen das "Islamgesetz" verstoßen haben.

Von Peter Münch, Wien

Österreichs Regierung schafft Fakten in dem von ihr propagierten "Kampf gegen den politischen Islam": Sieben Moscheen sollen geschlossen und zahlreiche Imame ausgewiesen werden. "Parallelgesellschaften und Radikalisierungstendenzen haben in unserem Land keinen Platz", sagte dazu Bundeskanzler Sebastian Kurz. Um die neue Wachsamkeit zu demonstrieren, ist er am Freitag schon um acht Uhr früh vor die Presse getreten und hat dabei alle verfügbaren Kräfte mobilisiert. Bei der Verkündung der Maßnahmen wurde er flankiert von Vizekanzler Heinz-Christian Strache, Innenminister Herbert Kickl und Kultusminister Gernot Blümel.

Im Visier der Behörden sind auch 60 Imame - sie werden womöglich ausgewiesen

Der Kampf gegen Islamismus, Migration und Überfremdung zählt zu den bevorzugten Themen der rechtskonservativen Regierung aus ÖVP und FPÖ. Bei der aktuellen Aktion beruft sie sich auf das bereits 2015 verabschiedete "Islamgesetz", das Blümel "richtungsweisend für Europa" nennt. Kurz erklärte, die Bestimmungen dieses Gesetzes würden nun "erstmals angewandt". Grundlage für die Schließung der Moscheen ist demnach die Vorgabe einer "positiven Grundeinstellung gegenüber Staat und Gesellschaft". Dagegen sollen eine Wiener Moschee, die den rechtsradikalen Grauen Wölfen zugerechnet wird, sowie sechs Moscheen eines "Arabischen Kulturvereins", dem Kontakte zum Salafismus vorgeworfen werden, verstoßen haben.

Die angekündigte Ausweisung von Imamen fußt auf dem gesetzlichen Verbot einer Auslandsfinanzierung. Von insgesamt 260 Imamen in Österreich stehen nach Aussage von Innenminister Herbert Kickl etwa 60 unter konkretem Verdacht. Im Visier sind muslimische Geistliche der Türkisch-Islamischen Union in Österreich, kurz Atib. Dieser Dachverband gilt, ähnlich wie das Pendant Ditib in Deutschland, als verlängerter Arm der türkischen Regierung.

Aus Ankara kam sogleich heftige Kritik an den Maßnahmen. "Dies spiegelt die islamophobe, rassistische und diskriminierende Welle in diesem Land wider", erklärte der Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. FPÖ-Chef und Vizekanzler Strache kündigte an, dass diese Schritte "erst der Anfang" seien. Alle Ministerien seien angewiesen, entschieden vorzugehen. "Wenn das nicht ausreicht, werden wir da und dort auch die Gesetze evaluieren".

© SZ vom 09.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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