NSU-Prozess:Unwürdig

Anwälte müssen für ihre Mandanten kämpfen, klar. Aber was Beate Zschäpes Verteidiger aufführen, ist reine Destruktion.

Von Annette Ramelsberger

Ein Verteidiger hat das Recht, mit allen legalen Mitteln für seinen Mandanten zu kämpfen. Er muss sich nicht vornehm zurückhalten, wenn Opfer weinen. Er muss nicht gleich verstummen, wenn das Gericht ihn ermahnt. Gute Verteidiger zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie die Grenzen des rechtlich Möglichen ausreizen.

Aber es gibt den einen Punkt, an dem auch streitbare Verteidiger zu schweigen haben: wenn die Plädoyers der anderen beginnen. Schon die Höflichkeit gebietet, den Schlussvorträgen der Prozessbeteiligten zuzuhören. Gerade im NSU-Prozess hat das Abschlusswort der Nebenkläger besonderes Gewicht. Denn die Familien der NSU-Opfer konnten jahrelang ihre Sicht der Dinge nicht darstellen. Im NSU-Prozess aber grätschen die alten Verteidiger von Beate Zschäpe immer wieder dazwischen, wenn der Vertreter von zwei Getöteten zu einem Vortrag über Rassismus ausholt. Selbst die Bundesanwaltschaft, die sich oft mit den Nebenklägern streitet, sieht in dem Plädoyer kein Problem, auch das Gericht nicht. Denn Rassismus war die Triebfeder der NSU-Mörder.

Aber die Verteidiger geben nicht nach, sie stellen sich so in eine Ecke, in die sie nicht gehören - die der Destruktion. Selbst wenn sie formal recht hätten: In einem Fall, in dem die Opfer jahrelang missachtet wurden, ausgerechnet ihren Vertretern das Wort zu verbieten, ist nicht nur unklug. Es ist stillos und unwürdig.

© SZ vom 17.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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