NSU-Prozess:Und er bewegt sich doch

Endlich stoppt das Gericht Versuche, alles zu verschleppen.

Von Annette Ramelsberger

Man kann es als Wunder bezeichnen. Nach 419 Prozesstagen haben im NSU-Prozess doch noch die Plädoyers der Verteidigung begonnen. Das war, wie alles in diesem Prozess, nicht vorhersehbar. Mal hatte Beate Zschäpe Kopfweh, als man beginnen wollte, mal musste sich ihr Verteidiger um seine Mutter kümmern, mal drängte - nach 416 Verhandlungstagen - ein neuer Anwalt ins Verfahren, der eine Unterbrechung forderte, damit er sich einarbeiten könne. Was als historischer Prozess begann, ist zum juristischen Kleinkrieg verkommen.

So sehr zerrt dieser Prozess an den Nerven der Beteiligten, dass die Bundesanwaltschaft am Dienstag forderte, das Verfahren gegen den Angeklagten André E. abzutrennen - gegen den Mann also, der fünf Jahre lang so tat, als ginge ihn alles nichts an. Erst als die Bundesanwaltschaft zwölf Jahre Haft für ihn forderte, wurde er plötzlich aktiv. Nun stellt er einen Antrag nach dem anderen. Inhaltlich ist das recht dürftig - und die Zeit für Anträge ist seit einem Jahr verstrichen.

Nun wollte André E. wieder eine Pause. Doch diesmal griff das Gericht durch und begann mit den Plädoyers der Verteidigung. Das ist nur ein Schritt hin zum Ende dieses Verfahrens. Aber es ist ein wichtiger Schritt. Und ein Zeichen dafür, dass sich der Rechstaat nicht weiter vorführen lassen will.

© SZ vom 25.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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