NSA-Ausschuss:Der ertüchtigte BND

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"Keine Hinweise" auf Probleme sah Frank-Walter Steinmeier. (Foto: Markus Schreiber/AP)

Minister Steinmeier weist im NSA-Ausschuss Kritik von sich. Er hatte als Chef des Bundeskanzleramtes Projekte zur Zusammenarbeit der Geheimdienste verantwortet.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Der SPD-Abgeordnete Christian Flisek begrüßt seinen Parteifreund mit Handschlag. Ausschuss-Chef Patrick Sensburg (CDU) stellt sich neben ihn für die Auftaktbilder. So viel Ehre wird hier im NSA-Untersuchungsausschuss nur wenigen Zeugen zuteil. Aber Frank-Walter Steinmeier ist ja auch kein normaler Zeuge an diesem Donnerstag im Europasaal des Bundestages. Er ist amtierender Außenminister. Und seit 1998 mit einer Unterbrechung von 2009 bis 2013 in Regierungsämtern, die nahe dran an dem sind, was der NSA-Ausschuss aufklären soll.

Steinmeier hat 2002 als Chef des Bundeskanzleramtes jenem Dokument zugestimmt, mit dem die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesnachrichtendienst (BND) und dem US-Militärgeheimdienst NSA auf eine neue Stufe gestellt wurde: dem Memorandum of Agreement (MOA). Es regelt unter anderem die Übergabe des US-Satelliten-Horchpostens in Bad Aibling bei München an den BND. Was genau drin steht, ist nicht bekannt. Das MOA wird bis heute als streng geheim eingestuft unter Verschluss gehalten. In Steinmeiers Amtszeit fällt auch das Projekt "Eikonal", mit dem der BND mehr oder weniger für die NSA an einem Telekom-Datenknoten in Frankfurt massenweise Internetverkehr abgefischt hat.

Doch Steinmeier weist in seinem einstündigen Statement jede etwaige Kritik an seiner Arbeit zurück. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 sei eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten drängender denn je gewesen. Das von ihm vorangetriebene MOA stellte sicher, dass der BND von der NSA auf den neuesten Stand der Abhörtechnik gebracht wurde. Gleichzeitig sollte die NSA an den Informationen teilhaben, die der BND mit der neuen Technik gewann. Steinmeier hält das nach wie vor für den richtigen Weg. "Es war das Gebot der Stunde, wir mussten den BND ertüchtigen", sagt er. Nicht zuletzt, weil einige der Attentäter vom 11. September die Anschläge völlig unerkannt in Hamburg vorbereiten konnten. Das "hat gelinde gesagt das Vertrauen der Amerikaner in die deutschen Geheimdienste nicht gestärkt", betont Steinmeier.

Wie heute bekannt ist, hat die NSA das MOA offenbar als Einladung gesehen, die Grenzen der Zusammenarbeit auszutesten. Über die Jahre schleuste die NSA Zehntausende Suchbegriffe, sogenannte Selektoren, in die Analyse-Datenbanken des BND ein, die auf deutsche und europäische Ziele ausgelegt waren.

Steinmeier will davon in seiner Zeit als oberster Geheimdienst-Aufseher nichts mitbekommen haben. "Als Chef-BK habe ich keinen Hinweis bekommen, dass es in der Kooperation zu Problemen gekommen ist", sagt er. Dass es schon damals erste Hinweise im BND gab, dass die NSA mit Selektoren wie "EADS" und "Eurocopter" hantiert, sei ihm "nicht bekannt gewesen und nicht bekannt gemacht worden". Seine Maßgaben für das MOA seien eindeutig gewesen: Deutsches Recht müsse strikt eingehalten werden, vollständige Transparenz für beide Seiten, vollständige Kontrolle durch den BND. "Es gibt keinen Souveränitätsrabatt für die USA", sagt Steinmeier.

Das Fazit des Ministers: Wer die Arbeit der Geheimdienste "wegen des Risikos von Fehlern für überflüssig hält, macht es sich zu einfach".

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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