NSA-Affäre:"Nicht versucht, was zu drehen"

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Ein BND-Mitarbeiter rechtfertigt sich vor Parlamentariern: Der Geheimdienst habe nicht versucht, etwas zu vertuschen. In der Befragung geht ein Beamter des Kanzleramts dazwischen.

Von Friederike Zoe Grasshoff, Berlin

In der Geheimdienstaffäre hat der NSA-Untersuchungsausschuss am Donnerstag in Berlin Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) befragt. Dabei sollte der Umgang mit den sogenannten Selektoren geklärt werden. Selektoren sind Suchbegriffe, anhand derer der BND bestimmte Personen oder Institutionen für den amerikanischen Geheimdienst NSA überwachen sollte. So wurde zunächst der Leiter der BND-Dienststelle in Bad Aibling befragt, nach kurzer Zeit schaltete sich jedoch ein Mitarbeiter des Kanzleramts ein und monierte, dass der Zeuge auf Detailfragen zur Geheimdienstarbeit nur in geschlossenen Sitzungen antworten dürfe. Die "Preisgabe nachrichtendienstlicher Informationen" könne "erhebliche Nachteile für die Bundesrepublik" haben. Die Opposition reagierte empört: "Wir haben keine Chance, die Zeugen zu den relevanten Fragen zu vernehmen", sagte Martina Renner, Linke-Obfrau im Untersuchungsausschuss.

Der Dienststellenleiter bestritt in der zweistündigen Vernehmung, dass es im Zusammenhang mit der Selektorenliste Vertuschungsversuche gegeben habe. Er selbst hatte einer E-Mail zufolge, die dem Ausschuss vorliegt, im Sommer 2013 gegenüber einem Mitarbeiter die Löschung problematischer Selektoren angeordnet. Dies sei irreführend, verteidigte sich der Dienststellenleiter. "Löschen heißt nicht, dass wir irgendwie versucht haben, was zu drehen." Die Selektoren seien zwar aus den aktiven Erfassungssystemen herausgenommen worden, in den Datenbanken jedoch weiter dokumentiert. Zudem sagte der Zeuge, dass seine Dienststelle weder für die Überprüfung der US-Suchkriterien noch für die Sichtung der Treffer zuständig sei, all dies geschehe in der BND-Zentrale in Pullach: "Wir sind nicht zuständig für die Selektoren, wir führen nur aus, was uns angewiesen wird."

Grüne und Linke warfen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) vor, trotz öffentlicher Beteuerungen nicht an einer Aufklärung der Affäre interessiert zu sein. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte, dass die Regierung viel zu spät die Notbremse ziehe. Offenbar würden deutsche und europäische Interessen immer noch nicht ausreichend geschützt und es werde weiter gegen geltendes Recht verstoßen. Indes scheiterte die Opposition im Bundestag mit ihrer Forderung nach Sondersitzungen des NSA-Untersuchungsausschusses zur Vernehmung von mehreren früheren Kanzleramtschefs. Bundestagspräsident Norbert Lammert erteilte dafür keine Genehmigung.

© SZ vom 08.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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