NRW: Jürgen Rüttgers:Ein ominöses Telefonat

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Drei Varianten einer Mauschelgeschichte in Düsseldorf: Ministerpräsident Rüttgers soll einen unsauberen Deal eingefädelt haben - doch er bestreitet das.

H. Leyendecker und J. Nitschmann

Hatte oder hat der Düsseldorfer Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers in seiner Parteizentrale Mitarbeiter beschäftigt, die Papiere fabrizierten, um ihm zu schaden? Hat der 58-Jährige Politiker manchmal ein schlechtes Gedächtnis und kann sich dann an länger zurückliegende Vorgänge nicht erinnern? Oder schwindelt er ein bisschen? Nur eine dieser drei Varianten in einer Düsseldorfer Mauschelgeschichte kann stimmen - aber welche?

Ominöse Vorkommnisse in Düsseldorf - und im Mittelpunkt steht mal wieder Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. (Foto: Foto: dpa)

In der von CDU-Insidern ausgerechnet im Landtagswahlkampf befeuerten Affäre um klebriges Geld und Kuriosa in der NRW-CDU tauchen jetzt zwei alte Vermerke auf, die Rüttgers angeblich bis vor kurzem nicht bekannt waren, obwohl der eine an ihn adressiert war und der andere ein angebliches Telefonat mit ihm wiedergibt. Beide datieren aus dem Frühsommer 2005.

Es ging damals, kurz nach der gewonnenen Landtagswahl, um eine für Rüttgers wichtige Personalie. Unbedingt wollte er den damals 32 Jahre alten Boris Berger, der für die Partei arbeitete und im Wahlkampf einer seiner engsten Vertrauten gewesen war, als Abteilungsleiter in die Staatskanzlei holen. Aber Berger lag ein Angebot mit einem Jahreseinkommen von 160.000 Euro vor und der Politikmanager wollte in die Wirtschaft wechseln. Rüttgers drängte ihn, zu bleiben. Berger willigte ein, hatte aber ein Problem: Nach zwölf Jahren Bundeswehr hatte der Hauptmann der Reserve eine Abfindung erhalten; 40.000 Euro musste er bei der Rückkehr in den Öffentlichen Dienst zurückzahlen. Unbestritten ist, dass Rüttgers damals Berger empfahl, mit der Landesgeschäftsstelle zu reden. Angeblich wollte er in der Sache den damaligen CDU-Generalsekretär Hans-Joachim Reck anrufen, aber der wusste von nichts, als sich Berger bei ihm meldete.

Reck schaltete seinen für Finanzen zuständigen Abteilungsleiter ein. Der fertigte ein "memo Wechsel Dr. Berger" an, mit dem Datum 27. Juni 2005, das auch an Rüttgers adressiert war. Danach wollte die CDU einen neuen Audi A6 leasen, den Wagen kurze Zeit auf die Partei zulassen, ausbuchen und dann Berger für einen Euro verkaufen - 40.000 Gewinn waren leicht drin. Das Auto wurde bestellt, nur durch Zufall platzte am Ende der Deal, aber dieser Umstand spielt für die entscheidenden Fragen keine Rolle: Erstens: Warum wollte die überdies klamme Partei einem Staatsdiener ein Auto schenken? Zweitens: Ist es vorstellbar, das der penibel auf Sauberkeit bedachte Rüttgers bei so was Unsauberem mitmachte?

Weiterer Vermerk des Abteilungsleiters: "Anruf Dr. Rüttgers am 27. Juni 2005, 10.20 Uhr". Der Ministerpräsident habe sich erkundigt, ob der Inhalt des "ihm vorgelegten" Vermerks mit Berger abgestimmt sei: "Ich gab Herrn Dr. Rüttgers den Hinweis, dass ich nicht dafür garantieren kann, dass die ganze Sache nicht anderen Personen bekannt" wird. Übersetzt heißt das: Mitwisser waren unerwünscht. Merkwürdig daran ist: Rüttgers hat nie von Geldgeschichten was wissen wollen, schon gar nicht von Details. Und er meidet normalerweise alles, was man ihm später anhängen kann.

Rüttgers erklärte auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung, er habe damals weder diese Vermerke erhalten, noch mit dem Abteilungsleiter der Parteizentrale, der inzwischen in einer CDU-Kreisgeschäftsstelle arbeitet, telefoniert. Sein "alter Grundsatz" sei ohnehin: "Der Chef redet nur mit dem Chef".

© SZ vom 23.4.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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