NPD: 60.000 Mails veröffentlicht:Feldpost aus der Parteizentrale

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Ein Datenleck düpiert die NPD: Mehr als 60.000 interne E-Mails sind der Partei abhanden gekommen. Sie zeigen, wie die Rechtsextremen Wahlkämpfe organisieren - und offenbaren jede Menge Zoff in den Reihen der Kameraden.

2011 sollte das Jahr der starken Rechte werden: Im Januar wollte die NPD die Verschmelzung mit der DVU vollziehen, doch dann stoppte das Landgericht München I per einstweiliger Verfügung die Fusion. Jetzt düpiert ein großes Datenleck die NPD.

NPD-Chef Udo Voigt (li.) mit dem DVU-Vorsitzenden Matthias Faust Anfang auf dem NPD-Bundesparteitag in Bamberg im Juni vergangenen Jahres. (Foto: ddp)

Mehreren Medien sind einige zehntausend interne E-Mails der rechtsextremen Partei zugespielt worden. Die Korrespondenz stamme vornehmlich aus dem Zeitraum von März 2010 bis Januar 2011 und biete tiefen Einblick in die Strategie der NPD im Superwahljahr, schrieb die tageszeitung. Ein Schwerpunkt in den E-Mails liege demzufolge auf Sachsen-Anhalt, wo am 20. März ein neuer Landtag gewählt wird. Der dortige NPD-Kandidat heißt Matthias Heyder und wirbt als "unser Heyder" um die Stimmen der rechtsextremen Anhängerschaft.

Aus den Mails nun gehe hervor, dass die NPD in Sachsen-Anhalt alles daran setze, dort die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen und somit in das dritte Landesparlament einzuziehen. Der Weg in den Landtag werde aber "nur über eine gigantische Materialschlacht erfolgreich zu beschreiten sein", zitiert die taz aus einer internen E-Mail vom 12. Oktober. Allerdings scheitere dies in der Realität häufig an Kleinigkeiten, und die Rechtsextremen hielten sich in den E-Mails gegenseitig "Arbeitsverweigerung".

Die Sprache der E-Mails bilde deutlich die neonazistische Ideologie ab: Unter anderem grüßten sich die NPD-Politiker in den Mails mit der Formel "Mit Deutschem Gruß", die der Paragraph 86 a im Strafgesetz unter Strafe stellt. In Nazi-Deutschland wurde sie als Synonym für den Hitlergruß verwandt. Häufig finde sich in den Mails der NPD-Politiker auch die Abkürzung "88", die in der rechtsextremen Szene für "Heil Hitler" steht, berichtet die taz.

Seit mehreren Jahren bemüht sich ein Teil der NPD nach außen hin um ein bürgerliches Auftreten, um größere Wählerschichten zu erreichen. Auch für diese Strategie finde sich in den Mails ein Beleg - und zwar in einem "Leitfaden für NPD-Kommunalpolitiker und Mandatsträger".

Fragwürdige Finanzierungsmethoden

Laut Spiegel Online legt die interne Korrespondenz der NPD zudem den Verdacht nahe, dass es bei der jüngst beschlossenen Fusion mit der DVU zu erheblichen Unregelmäßigkeiten gekommen sein könnte. In den E-Mails fänden sich auch detaillierte Aufstellungen zu Kreditverbindlichkeiten, offenbar fehlerhaften Rechenschaftsberichten sowie Pläne für dubiose Finanzkonstruktionen, berichtete das Online-Portal. Besonders in Baden-Württemberg, wo am 27. März ein neuer Landtag gewählt wird, sei die Stimmung in der Partei auf einem Tiefpunkt: Die Parteifreunde beschimpfen sich demnach in den E-Mails zum Teil heftig und werfen sich Unfähigkeit vor.

Für die NPD in Sachsen-Anhalt könnten die Mails den Berichten zufolge noch ein Nachspiel haben: Aus dem Material gehe hervor, wie die rechtsextreme Partei ihren Wahlkampf in Sachsen-Anhalt teilweise aus der Dresdner Landtagsfraktion lenke, berichteten taz und tagesschau.de übereinstimmend. Demnach prüft die Verwaltung des sächsischen Landtags nun, ob ein Missbrauch von Fraktionsmitteln für die Parteiarbeit vorliegen könnte.

Die NPD hat inzwischen auf die Veröffentlichungen reagiert: Sie vermutet hinter den Veröffentlichungen Hetze der "Systemparteien", schreibt sie auf ihrer Internetseite unter dem Titel "Vorsicht! Feind liest mit!" Zudem erstattete die Partei nach eigenen Angaben Strafanzeige. Verschiedene Unterorganisationen und Landesverbände der Partei seien möglicherweise von einem groß angelegten Datendiebstahl betroffen, erklärte der NPD-Landesverband Sachsen-Anhalt.

© sueddeutsche.de/AFP/dapd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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