Nordkorea:Kim unterrichtet sein Volk

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Die Nordkoreaner wissen, dass der Diktatator auf Diplomatie setzt und den südkoranischen Präsidenten treffen wird.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Die Nordkoreaner wissen nun offiziell, dass Diktator Kim Jong-un am 27. April Südkoreas Präsidenten Moon Jae-in treffen wird. Und dass er den Dialog mit den USA sucht, dem bisherigen Erzfeind. Wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA berichtete, informierte Kim das Zentralkomitee der "Arbeiterpartei" zur Vorbereitung der Sitzung des Obersten Volkskongresses, dem nordkoreanischen Parlament, darüber. Er "analysierte und pries" die Entwicklung, so KCNA weiter.

Der Oberste Volkskongress wurde am Mittwoch einberufen, er tagt einmal im Jahr - meist nur einen Tag. Dabei winkt er das Budget und Personalentscheidungen durch und bestätigt Kims Politik. Gegenstimmen gibt es keine. Nach zwei Monaten hektischer Diplomatie des bisher isolierten Regimes erwarteten Beobachter diesmal jedoch mehr. Zunächst drangen aber keine Details nach außen.

Jongsoo Lee vom Davis Center der Harvard-Universität rechnet mit einem Generations- und Stilwechsel in Nordkoreas Politik, wie er auf 38North.org schreibt, der Website des Korea-Instituts der John-Hopkins-Universität. Robert Carlin, über Jahre der Top-CIA-Mann für Nordkorea, unterstreicht, es sei ebenso wichtig, was Nordkoreas Propaganda nicht sage, wie was sie sage. Seit südkoreanische Offizielle den Gipfel Kims mit US-Präsident Donald Trump angekündigt haben - in Nordkorea wurde darüber noch nicht berichtet -, erwähnt sie das Atomprogramm nicht mehr. Sie hat auch kaum über die gemeinsamen Manöver Südkoreas mit den USA geschimpft wie früher stets. Auf der anderen Seite haben die Amerikaner, ohne dies an die große Glocke zu hängen, den Umfang der Übungen gegenüber früher reduziert.

Kim scheint entschlossen zu sein, Nordkorea besser in die internationale Gemeinschaft zu integrieren. Er ließ Washington diese Woche erneut wissen, dass er bereit sei, über seine Atomwaffen zu verhandeln. Allerdings sind die Experten uneins, was er damit meint: sicher keine schnelle, komplette nukleare Abrüstung, wie sie die USA noch voriges Jahr zur Vorbedingung für Gespräche gemacht hatten.

Es ist erst zwei Monate her, seit Kims Schwester am Rande der Olympischen Spiele in Pyeongchang Moon eine Einladung Kims zu einem Gipfeltreffen überbrachte. Seither hat sich die Lage auf der koreanischen Halbinsel dramatisch verändert. Kim, der das Land zuvor seit seiner Machtübernahme nie verlassen hatte, reiste zu einem Gipfel nach Peking, seinen Außenminister schickte er nach Stockholm, Helsinki und Moskau. Russlands Außenminister Sergej Lawrow wird demnächst in Pjöngjang erwartet. Und japanische Medien berichten, Nordkorea und die CIA hätten Kontakt aufgenommen, um Kims Gipfel mit Trump vorzubereiten.

© SZ vom 12.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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