Nordkorea:Bellen, Rasseln und die Mahnung zur Vernunft

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Die Tiraden zwischen Nordkorea und den USA werden stets bedrohlicher. Auch China ist verärgert. Moskau und Berlin wollen beruhigen: Nur über einen Dialog könne der Konflikt entschärft werden.

Von Christoph Giesen, Peking

Lässt sich bisher nicht einschüchtern: Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un. (Foto: AFP)

Markige Worte, rassistische Ausfälle und unverhohlene Drohungen gehören zum Standardrepertoire der nordkoreanischen Propaganda. Da wird von "Flammenmeeren" schwadroniert, Südkoreas Führung grundsätzlich nur als "Marionettenregierung" bezeichnet und Amerikaner werden stets als "Bastarade" apostrophiert. Soweit ist alles normal in diesem Konflikt.

Ungewöhnlich ist jedoch, dass nun auch Diktator Kim Jong-un höchstselbst mit Beleidigungen um sich wirft: "Ich werde den geisteskranken, dementen US-Greis gewiss und auf jeden Fall mit Feuer bändigen", zitierte Nordkoreas amtliche Nachrichtenagentur KCNA Kim am Freitag. Gemeint ist damit US-Präsident Donald Trump. Dieser hatte am Dienstag in der UN-Vollversammlung in New York gedroht, Nordkorea bei einem Angriff auszulöschen.

"Ein verängstigter Hund bellt lauter", entgegnete Kim nun in seiner Tirade. "Ich möchte Trump raten, seine Worte mit Sorgfalt zu wählen und zu bedenken, zu wem er spricht, wenn er eine Rede vor der ganzen Welt hält." Nordkorea werde daher in Erwägung ziehen, "die härteste Gegenmaßnahme in der Geschichte zu ergreifen." Eine erste Andeutung lieferte bereits Pjöngjangs Außenminister Ri Yong-ho; demnach sei es denkbar, dass Nordkorea eine Wasserstoffbombe im Pazifik testen könnte.

Die Reaktion aus Washington folgte prompt und wie üblich via Twitter: "Nordkoreas Kim Jong-un, der offensichtlich ein Irrer ist, dem es nichts ausmacht, sein Volk auszuhungern oder zu töten, wird auf die Probe gestellt werden wie nie zuvor", schrieb Trump. Drohung folgt auf Drohung.

Auch China ist verärgert. Die Notenbank lässt nun bestehende Kredite auslaufen

Am Donnerstag unterzeichnete Trump zudem einen Erlass, der neue Strafmaßnahmen gegen zahlreiche Industriezweige Nordkoreas ermöglicht. Das amerikanische Finanzministerium kann künftig auch gegen ausländische Banken vorgehen, die in Geschäfte mit Nordkorea verwickelt sind.

In China, dem letzten Verbündeten Nordkoreas, stößt diese Verschärfung allerdings auf Widerstand. Einseitige Maßnahmen, die nicht vom UN-Sicherheitsrat beschlossen worden seien, lehne die chinesische Regierung ab, teilte ein Sprecher des Pekinger Außenamts am Freitag mit.

Die bestehenden Sanktionen hingegen versucht die Führung in Peking offenbar konsequent einzuhalten. In dieser Woche wies Chinas Notenbank die Finanzinstitute der Volksrepublik an, Finanzdienstleistungen für nordkoreanische Kunden zu stoppen und bestehende Kredite auslaufen zu lassen. Die Einhaltung der Sanktionen sei eine Frage der nationalen Sicherheit, hieß es in einem Schreiben der Zentralbank.

Derweil mahnt die russische Regierung zur Beruhigung: "In Moskau herrscht große Sorge wegen der eskalierenden Spannungen auf der koreanischen Halbinsel", sagte ein Kremlsprecher. Russland sei weiterhin überzeugt, dass es keine Alternative zu Verhandlungen gebe. Eine Meinung, die man auch in Berlin teilt: Es könne nur eine diplomatische Lösung für den Streit um das nordkoreanische Atom- und Raketenprogramm geben, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Alles andere führt ins Unglück."

Das Regime in Pjöngjang stellt sich unterdessen offenbar auf eine weitere Verschärfung der Sanktionen ein. In den vergangenen Tagen ist der Benzinpreis in Pjöngjang deutlich gestiegen. Im April hatte es den ersten signifikanten Anstieg gegeben. Um etwa 70 Prozent wurden die Preise damals erhöht. Inzwischen, so berichten Diplomaten, liege der Preis im Vergleich zum Frühjahr sogar um rund 160 Prozent höher. Nordkorea hortet Treibstoff.

© SZ vom 23.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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