Nordkorea:Alles auf Annäherung

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Während das Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un vorbereitet wird, bewegen sich Nord- und Südkorea weiter aufeinander zu. Sogar die Propaganda-Lautsprecher werden abgestellt.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Süd- und Nordkorea haben am Dienstag begonnen, ihre enormen Lautsprecheranlagen abzubauen, mit denen sie seit den 1960er-Jahren ohrenbetäubende Propaganda über die Grenze geschickt hatten - der Süden auch Pop-Musik. Abgeschaltet hatten sie die Anlagen schon vorige Woche. Und zuvor bereits mehrfach, zuletzt anlässlich des innerkoreanischen Gipfels von 2007. Aber nie demontiert. Nach dem vierten Atomtest des Nordens im Januar 2016 hatte die inzwischen geschasste Präsidentin Park Geun-hye angeordnet, die Lautsprecher des Südens wieder anzufahren. Der Norden zog nach. Vier Wochen später ließ Park Kaesong schließen, den gemeinsamen Industriepark der Bruderstaaten, in dem südkoreanische Unternehmen 53 000 Nordkoreaner beschäftigten.

Bereits im Sommer 2015 hatte Pjöngjang eine eigene Zeitzone proklamiert, um sich gegen den Süden abzugrenzen. Seither hinkten Nordkoreas Uhren eine halbe Stunde hinter jenen im Süden her. Am kommenden Samstag wird Nordkorea seine Uhren vorstellen, dann gilt in beiden Koreas wieder die gleiche Zeit.

Jenseits dieser eher symbolischen Maßnahmen läuft die Diplomatie auf Hochtouren. Am Mittwoch reist Chinas Außenminister Wang Yi nach Pjöngjang. Einige Beobachter meinen, Peking sei angesichts der Annäherung zwischen Süd und Nord nervös. Vor allem mit dem geplanten Gipfeltreffen von Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un und US-Präsident Donald Trump sehe es seine Felle davonschwimmen. In der südkoreanischen Tageszeitung Hankyoreh widersprach Zheng Jiyong, Direktor des Korea-Instituts der Fudan-Universität in China. Peking stärke Kim vielmehr den Rücken: nicht nur für den Gipfel mit Trump, auch für Wirtschaftsreformen nach Chinas Muster, die Nordkorea "Anpassungen mit nordkoreanischen Charakteristika" nennen werde.

Trump will nach Pjöngjang, doch seine Leute sind dagegen. So wird es wohl Panmunjom

Zur Frage, wo Kim und Trump noch im Mai ihren historischen Gipfel abhalten werden, hat der Präsident getwittert: "Warum nicht im Friedens/Freiheitshaus auf der Grenze zwischen Nord- und Südkorea?" Offiziell wird noch über drei Treffpunkte verhandelt, wie aus dem Blauen Haus, dem Sitz des südkoreanischen Präsidenten, zu vernehmen ist: Ulan Bator, die mongolische Hauptstadt, Pjöngjang oder das Waffenstillstandsdorf Panmunjom. Trump wollte angeblich nach Pjöngjang, schon der Symbolik wegen. Seine Leute waren dagegen. Die südkoreanische Regierung, die es bisher geschafft hat, die Regie über diesen Prozess in ihren Händen zu behalten, dringt auf Panmunjom, so entgleite ihr die Kontrolle nicht. Zudem hat sich Panmunjom beim innerkoreanischen Gipfel bewährt. Trump und Kim könnten je eine Gesprächsrunde im Norden und eine im Süden führen. Sie werden sich vor allem darauf verständigen müssen, was sie unter "Denuklearisierung" verstehen. Bisher weichen ihre Definitionen klar voneinander ab. Wie rüstet Nordkorea "komplett, verifizierbar und irreversibel" atomar ab; und wie schnell? Wie "verifizierbar und irreversibel" kann Trump Kim die Sicherheit Nordkoreas und vor allem auch seines Regimes garantieren? Damit Trumps Interesse am koreanischen Ausgleich nicht nachlässt, sagte der südkoreanische Präsident Moon Jae-in im Kabinett, falls dieser gelinge, verdiene Trump den Friedensnobelpreis.

© SZ vom 02.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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