Nahost-Konflikt:Große Pläne und kleine Störfaktoren

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Israelischer Siedlungsbau im Westjordanland: Weil Israel die Projekte weitertreibt, wollen die Palästinenser am Internationalen Strafgerichtshof klagen. (Foto: Oded Balilty/AP)

Die USA wollten bald ihren Vorschlag für einen "ultimativen Deal" vorstellen, doch nun streiten sie mit den Palästinensern über ein Vertretungsbüro. Israel baut unterdessen Siedlungen aus.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Eigentlich will US-Präsident Donald Trump den "ultimativen Deal" zwischen Israelis und Palästinensern vermitteln. Während seine Unterhändler Jared Kushner und Jason Greenblatt an Details arbeiten, schickte das US-Außenministerium einen Brief ab, der die Bemühungen zumindest nicht fördert: Darin wird mit der Schließung des Verbindungsbüros der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in Washington gedroht.

Alle sechs Monate muss der Weiterbetrieb dieser seit 1994 bestehenden Einrichtung von US-Behörden genehmigt werden. Die Begründung von Außenminister Rex Tillerson für die überraschende Weigerung: Das Bestreben der Palästinenser, Israel wegen des Siedlungsausbaus im Westjordanland vor den Internationalen Strafgerichtshof zu bringen. Er bezog sich dabei offenbar auf eine Aussage von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas im September vor der UN-Vollversammlung. Laut Tillerson könne Trump aber den weiteren Betrieb genehmigen, wenn er nach 90 Tagen "zum Schluss kommt, dass die Palästinenser direkte und bedeutsame Verhandlungen mit Israel begonnen haben".

Der Sprecher von Abbas warf den USA daraufhin vor, sich als Vermittler von Verhandlungen disqualifiziert zu haben. Es habe viele Einzelgespräche gegeben, aber man wisse nichts von konkreten Verhandlungen. Der palästinensische Unterhändler Saeb Erekat drohte mit einem Einfrieren aller Kontakte, sollte es zur Schließung des Büros kommen. "Zu einem Zeitpunkt, an dem wir versuchen, im Bemühen um einen ultimativen Deal zu kooperieren, unternehmen die USA einen solchen Schritt, der den gesamten Friedensprozess untergraben wird." Erekat vermutet Israel hinter der Entscheidung, was Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bestritt. Nach einer Kabinettssitzung am Sonntag sagte er zu möglichen Friedensverhandlungen, Israels nationale Interessen und seine Sicherheit müssten gewährleistet sein. Näher wolle er sich nicht zum US-Plan äußern.

Israelische Medien hatten zuvor berichtet, der US-Vorschlag gehe von einem unabhängigen Palästinenserstaat aus, allerdings nicht notwendigerweise innerhalb der vor 1967 bestehenden Grenzen. Israel hat im Sechs-Tage-Krieg das Westjordanland und Ostjerusalem erobert und hält die Gebiete besetzt. Etwa 600 000 Siedler leben inzwischen im Westjordanland, sie sollen bleiben dürfen. Außerdem soll israelischen Soldaten die Präsenz entlang der Grenze zu Jordanien erlaubt werden. Noch nicht entschieden ist laut diesen Berichten über den Status von Jerusalem, das Palästinenser und Israelis gleichermaßen als ihre Hauptstadt sehen. Im Weißen Haus wurden diese Berichte als "nicht notwendigerweise akkurat" beschrieben. Wie die New York Times berichtete, wollen Kushner und Greenblatt ihren Vorschlag Anfang kommenden Jahres vorlegen.

Widerstand gibt es bereits in Netanjahus Kabinett. Die Koalition verfügt nur über eine knappe Mehrheit von 66 der 120 Stimmen in der Knesset. Die rechtsnationale Partei Jüdische Heimat droht damit, die Koalition zu verlassen, sollte die Regierung einen Palästinenserstaat anerkennen. Netanjahu soll den US-Vorschlag jedoch mit den Worten verteidigen, dass in naher Zukunft kein besserer Vorschlag aus dem Weißen Haus kommen werde.

Auch Palästinenser-Präsident Abbas dürfte bei seinem jüngsten Besuch in Saudi-Arabien Druck zu spüren bekommen haben. Laut Medienberichten soll Teil des Plans die Zusage der Saudis sein, gemeinsam mit anderen sunnitischen Staaten Millionen in den Aufbau des palästinensischen Staates stecken zu wollen. Der Plan soll im Rahmen einer Nahostkonferenz mit saudischer Beteiligung vorgestellt werden. Kushner und Greenblatt waren in den vergangenen Wochen intensiv in der Region unterwegs.

Vor Ort haben sich die Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern verschärft. Am Freitag rammte ein Palästinenser mit dem Auto zwei israelische Siedler in der Westbank und griff dann mit einem Messer Soldaten an. Unterdessen schafft die israelische Regierung Fakten: Die Armee bereitet Räumungen von palästinensischen Häusern im Westjordanland vor. Nach der Grundsatzentscheidung, dass palästinensisches Land für Zufahrtswege enteignet werden darf, wird die Legalisierung von mindestens 13 jüdischen Siedlungen im Westjordanland vorbereitet.

Nach Aussagen des für Jerusalem zuständigen Ministers Zeev Elkin laufen außerdem bereits konkrete Planungsarbeiten, um von Arabern bewohnte Bereiche in Ostjerusalem von der Stadt abzuschotten. Umgekehrt soll ein Checkpoint im Süden Jerusalems um zwei Kilometer verlegt werden, sodass die palästinensischen Bewohner des Dorfes al-Walaja nicht nur von ihrem Ackerland, sondern auch von einer wichtigen Quelle abgeschnitten werden.

© SZ vom 20.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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