Nachschlagewerk:Politisches Pingpong

Lesezeit: 2 min

Demokratie-Lehre als Lektüre für den Strand. Der Historiker Paul Nolte stellt 101 Fragen - und gibt Antworten: leicht verständlich und anschaulich.

Von Werner Hornung

Keine Frage, es gibt mehr Fragen als Antworten. Hier sind es genau einhundertundeine zum großen Thema "Demokratie", die Paul Nolte stellt und glücklicherweise auch gleich beantwortet. Der Autor war Assistent des renommierten Bielefelder Historikers Hans-Ulrich Wehler und ist seit 2005 selbst Geschichtsprofessor an der FU Berlin. Sein Taschenbuch liefert mehr als der knapp formulierte Titel vermuten lässt. Es ist ein zuverlässiges Kompendium zur gegenwärtigen Politik und zur (Zeit-)Geschichte, die der Verfasser wie sein akademischer Lehrer fächerübergreifend als Sozialwissenschaft versteht.

Noltes abwechslungsreiches Frage- und Antwort-Spiel ist ein intellektuell unterhaltsames Pingpong, das so eröffnet wird: "Lust auf Demokratie ?"; und das unter anderem so weitergeht: "Ist England das Mutterland der Demokratie?", "Sind Islam und Demokratie unverträglich ?", "Ist die Frauenquote undemokratisch ?" oder "Was ist so schlimm am Populismus ?" Bei den Erklärungen holt der Autor nicht zu weit aus, meist reichen ihm ein, zwei Seiten dafür.

Akademisch trocken ist in Paul Noltes Politschmöker gar nichts

Seine Auskünfte sind leicht verständlich und anschaulich verfasst. Viele Artikel hat er mit biografischen Notizen samt den dazugehörigen Jahreszahlen durchsetzt. Im Text über Bürgerprotest und soziale Bewegungen sind es zum Beispiel ein paar Zeilen zum indischen Rechtsanwalt Mohandas (Mahatma) Gandhi (1869 bis 1948) und zum amerikanischen Baptistenpfarrer Martin Luther King (1929 bis 1968). Außerdem wurden zahlreiche Antworten durch entsprechende Hinweise vernetzt, die zu thematisch ähnlichen Beiträgen führen. Wer noch mehr Informationen möchte, für den gibt es abschließend eine Literaturliste, in der auch ein weitaus umfassenderes Werk von Paul Nolte empfohlen wird - nämlich: "Was ist Demokratie ?", 2012 gleichfalls bei C. H. Beck erschienen.

Alle Antworten auf "Die 101 wichtigsten Fragen" dieser handlichen Kompaktversion wird kaum jemand auf einmal lesen wollen. Bei der thematischen Auswahl hilft ein übersichtlich gestaltetes Inhaltsverzeichnis, sonst übliche Sach- und Personenregister fehlen allerdings. Das ist schade, denn in der gebotenen Faktenfülle stecken zahlreiche Informationen, die durch Nachschlagen leicht zu finden wären: etwa eine ausführliche Erläuterung der Schweizer "Konkordanzdemokratie". Aber keine Angst: Fachbegriffe werden stets erklärt und akademisch-trocken ist hier sowieso nichts.

Dies ist ausnahmsweise mal politische Literatur, die sogar als Strandkorb-Lektüre geeignet ist. Und das erst recht, wenn man wissen will, wie und woher der politische Wind weht. Paul Nolte, der skeptische Optimist, zitiert dazu übrigens eine Weisheit des österreichischen Lyrikers Ernst Jandl: "Manche meinen lechts und rinks kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!"

Paul Nolte: Demokratie. Die 101 wichtigsten Fragen. C. H. Beck, 2015. 160 S., 10,95 Euro. Werner Hornung lebt im fränkischen Lichtenfels und in Leipzig .

© SZ vom 16.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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