Missbrauch:Hilfe ohne Hürden

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Der Fonds für die Opfer sexuellen Missbrauchs soll ausgeweitet werden, das gab Familienministerin Manuela Schwesig bekannt. Betroffene aber sind noch immer zurückhaltend, wenn es darum geht, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Von Constanze von Bullion

Berlin - Wer als Kind sexueller Gewalt ausgesetzt war, hat Anspruch auf staatliche Hilfe. Zwischen 300 und 10 000 Euro können Missbrauchsopfer bekommen, wenn sie bis April 2016 einen Antrag beim Bundesfamilienministerium stellen. Das Geld ist für Therapien gedacht, die die Krankenkassen nicht vollständig übernehmen, aber auch für Beratung oder Weiterbildung. Zu wenige Betroffene allerdings nutzen die "Ergänzenden Hilfen für die Opfer sexuellen Missbrauchs". Und zu wenige Bundesländer, so Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD), stellten sich bisher der Verantwortung für sexuellen Missbrauch, etwa in Schulen.

Ein Opferentschädigungsgesetz soll 2016 folgen. Noch aber fehlt ein Entwurf aus dem Hause Nahles

"Mir ist es wichtig, dass den Betroffenen sexuellen Missbrauchs schnell und unbürokratisch Hilfen gewährt werden können", sagte Schwesig am Dienstag in Berlin. Auch sei ihr "nicht verständlich, warum Krankenkassen die Therapien nicht vollständig übernehmen." Erfreulich sei aber, dass die Unterstützung nun verstärkt werde. Nach Kirchen, Orden und der Diakonie beteiligten sich jetzt auch Caritas, das Deutsche Rote Kreuz und der Deutsche Olympische Sportbund an den "Ergänzenden Hilfen" für Menschen, die in Kirche, Schule oder Sport sexuellen Missbrauch erlebt haben. Als erstes Bundesland hat Hamburg eine Vereinbarung für Opfer öffentlicher Institutionen unterschrieben. Weitere Länder sollen folgen, so Schwesig.

2016 soll ein Opferentschädigungsgesetz kommen, ein Entwurf aus dem Haus von Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) aber fehlt noch. Übergangsweise gibt es daher "Ergänzende Hilfen". Sie bestehen aus Unterstützung für Opfer von Missbrauch in Institutionen und werden von den jeweiligen Einrichtungen bezahlt. Zudem stellt der Bund 50 Millionen Euro für Opfer von Missbrauch in Familien bereit, auf Länderseite beteiligen sich nur Mecklenburg-Vorpommern und Bayern. Zurückhaltung gibt es aber auch bei den Betroffenen: Von insgesamt 58 Millionen Euro, die für Opfer von Missbrauch in Familien bereitstehen, wurden nur 5,7 Millionen Euro abgerufen. Offenbar ist das Angebot noch wenig bekannt und der Zugang für Betroffene schwierig.

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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