Migrationspolitik:Kurz und Seehofer machen Italien Druck

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Bei einem Ministertreffen in der kommenden Woche soll Rom dazu gebracht werden, abgewiesene Flüchtlinge aus Mitteleuropa zurückzunehmen. Ungarn lehnt Hilfe für Deutschland weiter strikt ab.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wollen den Druck auf die italienische Regierung erhöhen, Flüchtlinge zurückzunehmen, die nach Deutschland wollen. Bereits in der kommenden Woche sollen sich in Innsbruck die Innenminister von Deutschland, Österreich und Italien treffen. Ziel sei es, die Mittelmeerroute zu schließen und gemeinsam eine Regelung zu finden, mit der Migranten an der Weiterwanderung innerhalb der EU gehindert würden, sagte Kurz am Donnerstag nach einem Treffen mit Seehofer in Wien: "Das ist im Interesse Italiens, aber auch Österreichs und Deutschlands, wenn der Migrationsdruck über diese Route weniger wird." Er hoffe auf Verständigung mit Italien. Sollte es allerdings zu keiner Verständigung kommen, "werden sowohl Deutschland als auch Österreich Maßnahmen setzen müssen, die zu einer faktischen Durchsetzung dessen führen, was heute eigentlich europäisches Recht sein sollte", sagte Kurz.

Nach heftigen Auseinandersetzungen hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Seehofer sich am Montag auf sogenannte Transitzentren an der deutsch-österreichischen Grenze verständigt. Dort sollen Migranten, die nach Deutschland einreisen wollen, aber in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben, künftig abgefangen und binnen 48 Stunden in ihr EU-Erstankunftsland zurückgeschickt werden. In den meisten Fällen wären das Italien oder Griechenland. Die griechische Regierung hat Merkel bereits Bereitschaft signalisiert, weitergewanderte Flüchtlinge zurückzunehmen, Italien jedoch nicht. Auch beim Koalitionsgipfel von Union und SPD am Donnerstagabend sollte es um das Thema gehen.

Teilnehmer äußerten sich am frühen Abend optimistisch, sich einigen zu können.

Seehofer soll nun bilaterale Abkommen mit europäischen Partnern zu Rückführregelungen treffen. In Wien demonstrierte er mit Österreichs Kanzler einen ersten Schulterschluss. Abkommen mit Randländern der EU sind jedoch noch nicht in Sicht. "Es werden sehr schwierige Gespräche", sagte Seehofer. Er gehe davon aus, dass am Ende die wichtigsten Punkte dieser Vereinbarungen von den Regierungschefs fixiert werden müssten. Berlin wolle mit Wien und Rom die "Fortwanderung" von Flüchtlingen vom Mittelmeer Richtung Deutschland unterbinden. Deutschland werde aber "weder jetzt noch in der Zukunft Österreich für Flüchtlinge verantwortlich machen, für die es nicht zuständig ist", sagte Seehofer. Er sei zuversichtlich, dass sich nach Griechenland auch Italien zu Rücknahmen bereit erkläre.

Bei seinem Besuch in Berlin lehnte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán es am Donnerstag strikt ab, Flüchtlinge von Deutschland zurückzunehmen. Ungarn sei nicht für Geflüchtete zuständig, die in Griechenland zuerst die EU betreten hätten, dort aber nicht registriert worden seien, sagte er nach einem Treffen mit Merkel. Deutschland könne Ungarn dankbar sein, weil es die Balkanroute abgeriegelt habe: "Sonst würden täglich 4000 bis 5000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Das ist Solidarität."

© SZ vom 06.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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