Meine Presseschau:Verantwortung der USA

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Nicolas Richter ist US-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung. Illustration: Bernd Schifferdecker (Foto: Bernd Schifferdecker)

Präsident Barack Obama besucht Alaska und bekennt die Mitverantwortung der Vereinigten Staaten für den globalen Klimawandel. Linksliberale Medien feiern ihn dafür, konservative verurteilen ihn scharf.

Ausgewählt von Nicolas Richter

In dieser Woche hat Präsident Barack Obama den Staat Alaska besucht. Er nutzte die Küsten und Gletscher als Kulisse, um eindringlich vor dem globalen Klimawandel zu warnen. In einer Rede bekannte er sich zur Verantwortung der Vereinigten Staaten für den massiven Ausstoß von Treibhausgasen, und er mahnte, dass die Welt jetzt rasch handeln müsse, bevor die Erde weiter Schaden nehme. Äußerungen wie diese bleiben in den USA hoch umstritten. Während Obama von linksliberalen Medien für seine Botschaft gelobt wurde, erntete er vorhersehbar scharfe Kritik von rechts.

Auf der Meinungsseite der New York Times hieß es, der Präsident habe die richtige Botschaft gewählt: "Herr Obama hat recht, sich mit seinem Einfluss als Präsident dem Klimawandel zu widmen, einer riesigen Bedrohung für unseren Planeten, die eine dringende und ehrgeizige Antwort erfordert. Es ist wichtig, dass der Präsident hervorhebt, was mit unserer Erde geschieht - erst recht im Lichte der törichten Skepsis über den Klimawandel bei vielen Politikern und Teilen der US-Öffentlichkeit und dem Widerstand der Republikaner gegen Obamas Versuch, den Ausstoß von Treibhausgasen durch Kraftwerke zu senken. Es ist auch gut, dass die Reise an die Herausforderungen für die auftauende Arktis selbst erinnert. Dazu gehört die Tatsache, dass jene Treibhausgase, die das Klima erwärmen, auch jene sind, die den Zugang erleichtern zu riesigen Vorräten an fossilen Brennstoffen."

Das konservative Blatt National Review dagegen veröffentlichte einen Meinungsbeitrag des republikanischen Senators und Präsidentschaftskandidaten Marco Rubio. Unter der Überschrift "Zuverlässige Energie-Produktion ist entscheidend für das finanzielle Wohlbefinden der Amerikaner" schreibt der Politiker aus Florida: "Präsident Obama spricht in Alaska nicht darüber, unser Energiepotenzial auszuschöpfen, sondern dieses Potenzial einzudämmen durch eine Umweltpolitik, die den Einfluss der Regierung vergrößert und die Kosten in die Höhe treibt. Dies ist abscheulich falsch. Keine Industrie hat größeren Einfluss auf die Finanzen der Amerikaner als die Rohstoffindustrie. Trotzdem hat diese Regierung kaum einen Wirtschaftszweig so politisiert und so reguliert wie diesen. Die Regierung entscheidet über Gewinner und Verlierer, indem sie subventioniert und besteuert. Und während manche Sorgen um die Umwelt berechtigt sein mögen, sind andere völlig übertrieben. Eine kleine, aber laute Minderheit hat erfolgreich für staatliche Auflagen gefochten, die zu höheren Preisen und weniger Arbeitsplätzen führen, mit minimalem Nutzen für die Umwelt."

Auf der Website Vox.com erklärt der Autor David Roberts, warum es Amerikas Konservative so empört, wenn Obama eine Verantwortung der USA für die Erderwärmung einräumt: "Hier liegt der Kern der Klimapolitik - Schuld und Verantwortung - und es offenbart, warum es die Konservativen so lange abgelehnt haben, den Klimawandel anzuerkennen. Nichts ist aus Sicht der nativistischen Bewegung (die Donald Trump zurzeit an die Spitze der Umfragen befördert hat) so abstoßend wie die Idee, dass Amerika teilweise verantwortlich ist für ein Problem, das die Armen auf der Welt am härtesten trifft. Demnach hat Amerika eine moralische Pflicht, den Armen zu helfen. Leute, die Mauern bauen wollen, um arme Fremde fernzuhalten, sind aber nicht bereit, für diese Armen etwas zu opfern. Noch schlimmer ist: Die USA sind reich geworden, indem sie ihre Industrialisierung mit fossilen Brennstoffen befeuert haben. Wer die wissenschaftlich nachgewiesenen Fakten zum Klimawandel anerkennt, löst eine Argumentation aus, die unweigerlich zum gleichen Ergebnis kommt wie Obama. Deswegen werden die nativistischen Wähler auf der Rechten wahrscheinlich nie bereit sein, diese Fakten anzuerkennen."

Der konservative Weekly Standard nimmt derweil Anstoß daran, dass Obamas Regierung den Sechstausender Mount McKinley in Alaska umbenannt hat in "Denali". Diesen Namen hatten dem Berg einst die Ureinwohner gegeben. Aus Sicht des Autors Philip Terzian ist dies anstößig, weil Obama am Parlament vorbei entschieden hat, und weil sich die Linke daran erfreut, den weißen Republikanern eine neue Niederlage bereitet zu haben. "Die anmaßende Linke macht sich darüber lustig, dass Konservative den Namen McKinley bevorzugen, weil US-Präsident William McKinley weiß war. Die Ironie liegt darin, dass William McKinley zu Lebzeiten außerordentlich verehrt wurde von den amerikanischen Ureinwohnern, weil seine Politik den Indianern gegenüber aufgeklärt und empathisch war."

Aus diesem Kommentar erschließt sich, dass es bei Umweltschutz und bei Gesten an die Ureinwohner immer um mehr geht als um das Thema an sich. Es geht um die alte, weiße Ordnung und jene wie Obama, die sie infrage stellen.

© SZ vom 05.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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