Medizin:Der Patient als Proband

Die Pharmakonzerne müssen ihre Arztkontakte offenlegen.

Von Kim Björn Becker

Jeder Patient muss darauf vertrauen können, dass sein Arzt ihm verschreibt, was für ihn, also den Patienten, das Beste ist. Die umstrittenen "Anwendungsbeobachtungen" untergraben diesen Grundsatz: Wenn Pharma-Unternehmen den Ärzten in großem Maßstab Honorare für pseudowissenschaftliche Studien überweisen, keimen unweigerlich Zweifel, ob der Arzt wirklich zuerst an seinen Patienten denkt. Oder doch an seinen Kontostand.

Dieser Zweifel bleibt, selbst wenn der Mediziner sich korrekt verhält. Schon aus diesem Grund ist es nötig, dass dem Treiben ein Ende gesetzt wird. Das kann gelingen, indem die Konzerne zur Transparenz verpflichtet werden: Sobald jeder Patient nachvollziehen kann, wie viel sein Arzt für die umstrittenen Tests kassiert, würde sich der Anreiz ins Gegenteil verkehren - wohl kaum ein Mediziner möchte öffentlich als Raffke dastehen. Ein Verbot der Anwendungsbeobachtungen sollte nur erwogen werden, wenn der Markt sich nicht selbst regulieren kann.

Es wäre jedoch falsch, die Pharma-Konzerne wegen ihrer umstrittenen Praxis nun zu verteufeln. Sie müssen Geld verdienen, um neue Medikamente entwickeln zu können. In den Pseudo-Studien hat die Industrie ein Schlupfloch gefunden, um möglicherweise die Zahl der Verschreibungen anzukurbeln. Das ist nicht gleich unmenschlich oder verdammenswert - es muss nur unterbunden werden.

© SZ vom 09.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: