Schwarz-rote Maut:Murks für den Koalitionsfrieden

Lesezeit: 2 min

Am Freitag wird der Bundestag voraussichtlich die sogenannte Ausländer-Maut verabschieden. Dabei wollen viele sie nicht. (Foto: Sean Gallup/Getty Images)

Die Koalition beschließt am Freitag eine Straßengebühr, die kompliziert ist und ökologisch nutzlos. Das ist ein Musterbeispiel dafür, wie Politik auf keinen Fall ablaufen sollte.

Kommentar von Daniela Kuhr

Wenn man vor ein, zwei Jahren die Deutschen fragte, ob sie eine Pkw-Maut für Ausländer befürworten, sagte eine kleine, aber klare Mehrheit: Ja. Viele fanden es ungerecht, dass Deutsche im Ausland für das Befahren der Straßen zahlen müssen, Ausländer in Deutschland aber nicht. Darauf hatte sich die CSU berufen, als sie verlangte, die Maut in den Koalitionsvertrag mit aufzunehmen.

Inzwischen aber zeigen Umfragen: So kompliziert, wie sie jetzt geplant ist, wollen die meisten Bürger sie dann doch nicht. Nun aber ist es zu spät. Am Freitag wird sie im Bundestag beschlossen. Und damit ist das Ganze endgültig ein Musterbeispiel dafür, wie Politik keinesfalls ablaufen sollte.

Dabei dachte die CSU, eine Maut einzuführen könne kein großes Ding sein. Schweizer und Österreicher haben es doch auch geschafft. Allerdings wollten diese beiden Länder einfach nur Einnahmen von allen Straßennutzern erzielen - während die deutsche Regierung fest entschlossen war, ausschließlich Ausländer zu belasten. Und deshalb hat das, was die Deutschen nun bekommen, mit dem Pickerl der Nachbarländer nichts gemein.

Kompliziert - und absurd

Stattdessen wird es unzählige verschiedene Preise geben, je nach Hubraum, Umweltschädlichkeit und Gültigkeitsdauer. Gleichzeitig bekommen die Deutschen einen Freibetrag, der sie bei der Kfz-Steuer wieder entlastet - mit der Folge, dass unterm Strich tatsächlich nur Ausländer getroffen werden. Ein Modell, das sicher niemand im Sinn hatte, der sich vor zwei Jahren noch für eine Maut ausgesprochen hatte: Es ist nicht nur kompliziert, sondern auch absurd.

Nur ein Beispiel: Angeblich ist die deutsche Maut besonders "ökologisch", weil sie umso teurer wird, je umweltschädlicher ein Auto ist. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn zugleich werden umweltschädliche Autos ja künftig bei der Kfz-Steuer auch besonders stark entlastet; wer viel zahlt, bekommt schließlich genau so viel zurück.

Große Koalition
:Ausländer-Maut kommt - mit letzten Änderungen

Am Freitag wird der Bundestag über die Ausländer-Maut der CSU entscheiden. Weder SPD noch CDU noch die Bürger wollen sie. In einem letzten Gefecht hat die SPD ein paar Änderungen durchgesetzt.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Kurz gesagt: Ein großer Stinker bekommt einen höheren Kfz-Steuer-Freibetrag als ein sparsamer Kleinwagen. Wer das als "ökologisch" verkaufen will, muss sein Gegenüber für dumm halten.

Wenn schon nicht die CDU, dann hätte wenigstens die SPD den Murks verhindern können. Doch das hat sie nicht. Warum nicht? Darauf bekommt man stets die gleiche Antwort: So sei das nun mal in einer Koalition. Da müsse jeder was schlucken.

Um des Koalitionsfriedens willen

Die Union habe bei der Rente mit 63 stillgehalten, und so halte die SPD nun bei der Pkw-Maut still. Die Genossen rühmen sich zwar, dass sie in letzter Sekunde Eckpunkte für eine bessere Verkehrspolitik vereinbart hätten. Doch das meiste davon war ohnehin bereits beschlossene Sache.

Und so wird die Pkw-Maut, von der die Kanzlerin im Wahlkampf noch gesagt hatte, dass es sie mit ihr nicht geben werde, an diesem Freitag tatsächlich verabschiedet. Nicht etwa, weil die Parlamentarier mehrheitlich überzeugt sind, dass sie richtig ist - sondern in erster Linie, um den Koalitionsfrieden nicht zu gefährden. Wenn Politik so gemacht wird, darf man sich nicht wundern, dass Menschen verdrossen sind.

© SZ vom 26.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: