Martin McGuiness:Vom IRA-Terroristen zum Friedensstifter

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IRA-Terrorist und Friedens-Unterhändler: Martin McGuiness ist mit 66 Jahren gestorben. (Foto: dpa)

Der frühere Vizeregierungschef spielte eine entscheidende Rolle im Friedensprozess in Nordirland. Nun ist Martin McGuiness im Alter von 66 Jahren gestorben.

Von Christian Zaschke, London

Von weiten Teilen des politischen Establishments in Großbritannien wurde Martin McGuinness, der am Dienstag im Alter von 66 Jahren gestorben ist, für seine Rolle im nordirischen Friedensprozess gepriesen.

Es gab jedoch auch Stimmen, die auf seine Vergangenheit als Kommandant der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) verwiesen und anmerkten, sie könnten ihm seine Beteiligung an Terroranschlägen niemals verzeihen. McGuinness war eine komplexe Persönlichkeit, und er hat eine eindrucksvolle Wandlung vom Terroristen zum Friedensstifter vollzogen.

1950 wurde er im nordirischen Derry geboren. Bereits mit Anfang 20 war er eine der führenden Persönlichkeiten in der örtlichen Sektion der IRA, die gewaltsam für ein vereinigtes Irland kämpfte. Offiziell heißt es, er habe die IRA 1974 verlassen, um sich der Politik zuzuwenden, doch angeblich soll er bis Mitte der Achtzigerjahre eine wichtige Rolle in der Organisation gespielt haben.

Früherer Minister nennt McGuiness einen Feigling

In dieser Zeit überzog die IRA das Land mit Gewalt. Unter anderem versuchte sie 1984, Premierministerin Margaret Thatcher zu töten. Diese überstand einen Bombenanschlag unbeschadet. Der ehemalige Minister Norman Tebbit, der bei dem Anschlag schwer verletzt wurde, nannte ihn am Dienstag einen Feigling. Er habe sich nur deshalb dem Friedensprozess zugewandt, weil er Angst gehabt habe, wegen Mordes ins Gefängnis zu wandern.

Was auch immer McGuinness zum Wandel bewog: Seine Verdienste um den Frieden in Nordirland sind unbestritten. Ex-Premierminister Tony Blair sagte, ohne ihn sei das Karfreitagsabkommen von 1998 unmöglich gewesen. Bis zu dem Abkommen waren in den Kämpfen zwischen katholischen Republikanern, die für ein vereinigtes Irland kämpften, und protestantischen Unionisten, die Teil des Vereinigten Königreichs bleiben wollten, 3500 Menschen getötet worden. Seither herrscht weitgehend Frieden.

McGuinness trat als Bildungsminister in die Regionalregierung ein. 2007 wurde er stellvertretender Ministerpräsident und arbeitete eng mit dem protestantischen Regierungschef Ian Paisley zusammen. Die beiden Männer, früher Erzfeinde, verstanden einander so gut, dass sie den Spitznamen "Kicher-Brüder" erhielten. Ihre Beziehung galt als Symbol für den Friedensprozess. 2012 würdigte die Queen McGuinness' Verdienste, indem sie ihm die Hand schüttelte.

In diesem Januar trat McGuinness von seinem Posten in der Regierung ab. Wenig später zog er sich aus gesundheitlichen Gründen aus der Politik zurück. Er starb im Krankenhaus in Derry im Beisein seiner Familie, er hinterlässt seine Ehefrau Bernie und vier Kinder.

© SZ vom 22.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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