Macron:Plan zur Entkrustung

Frankreich kann mehr Vielfalt im Parlament gebrauchen.

Von Christian Wernicke

Rückblickend wird es vielleicht einmal heißen, die Amtszeit Emmanuel Macrons habe eigentlich an diesem 3. Juli 2017 begonnen. Am Montag hat Macron in einer bisweilen abstrakten, aber zugleich kühnen Rede seine Vision für einen "grundlegenden Umbau" Frankreichs entworfen, von einer Gesellschaft der Chancengleichheit, die sich in "starker Freiheit" erneuere. Die Verfassung will er ändern, um ein kleineres, stärkeres Parlament zu etablieren. Frankreich soll sich entkrusten.

Ein Vitaminstoß für eine Neubelebung der französischen Demokratie ist die Idee, das brutal harte Mehrheitswahlrecht aufzuweichen. Macron will künftig wenigstens einen Teil der Volksvertreter proportional zum Anteil der abgegeben Stimmen wählen lassen. Das würde verhindern, dass - wie im Juni - die Regierungspartei mit nur einem Drittel der abgegebenen Stimmen satte drei Fünftel aller Mandate ergattert. Viele deuten das alte Wahlrecht als Instrument der regierenden Klasse, sich Frust und Zorn des Volkes vom Leib zu halten. Viele gehen deshalb nicht mehr zu Wahl, sie entziehen der Demokratie ihr Vertrauen.

Die Sorge, mehr Repräsentativität stärke nur die Radikalen, hat Macron persönlich widerlegt. Er hat die Rechtspopulistin Marine Le Pen in der TV-Debatte vorgeführt und damit bewiesen: Frankreichs Demokraten sind stark genug - sie können mehr Demokratie wagen.

© SZ vom 04.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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