Machtkampf in der Ukraine:Klitschko fordert Abzug aus besetztem Ministerium

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Aktivisten der ukrainischen Opposition im besetzten Justizministerium (Foto: AFP)

Oppositionelle halten das Justizministerium in Kiew besetzt. Vitali Klitschko ist damit nicht einverstanden. Es gelte, Provokationen zu vermeiden, sagt er und fordert den Rückzug der Demonstranten. Justizministerin Lukasch droht mit der Verhängung des Notstands, sollten die Aktivisten das Gebäude nicht räumen.

Nach der Besetzung des Justizministeriums in Kiew hat Oppositionspolitiker Vitali Klitschko die Demonstranten zum Räumen des Gebäudes aufgefordert. "Sie wollen bleiben, aber ich werde versuchen sie vom Gegenteil zu überzeugen", sagte Klitschko am Montag in Kiew. Es gelte, eine politische Lösung des Machtkampfs zu finden und Provokationen zu vermeiden, sagte der frühere Boxweltmeister.

Justizministerin Jelena Lukasch rief die radikalen Regierungsgegner zum Verlassen ihres Amtssitzes auf. Sie hoffe zwar auf eine friedliche Regelung. Sollten sich die Demonstranten aber nicht zurückziehen, werde sie die Lage mit dem Nationalen Sicherheitsrat besprechen, sagte Lukasch. Dabei werde möglicherweise auch die Verhängung des Notstands in der Ex-Sowjetrepublik erörtert.

Radikale Regierungsgegner hatten das Haus im Zentrum der Hauptstadt am Sonntagabend gestürmt. Das teilte der Anführer der Bewegung Spilna Sprawa (Gemeinsame Sache), Alexander Daniljuk, mit. Ein AFP-Reporter berichtete, dass mehrere Dutzend Demonstranten die Fenster des Gebäudes im Zentrum der Hauptstadt einwarfen und die Kontrolle über das Ministerium übernahmen. Ein maskierter Demonstrant sagte, es seien nur drei Sicherheitsleute im Gebäude gewesen und hätten keinen Widerstand geleistet.

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Alle vier Etagen seien von Demonstranten besetzt, sagte der Aktivist. Die Mitarbeiter des Ministeriums könnten am Montag kommen und Dokumente holen - aber nicht ihrer Arbeit nachgehen. Unmittelbar nach der Besetzung des Ministeriums begannen die Demonstranten mit der Errichtung von Barrikaden. Dazu nutzten sie unter anderem Müllcontainer.

Besetzungen auch in anderen Landesteilen

Auch im Rest des Landes wurde protestiert. Die ukrainische Opposition hält weitere Verwaltungsgebäude in Kiew und in der Provinz besetzt. So sollen derzeit elf der 27 Gebietsverwaltungen in ihrer Hand sein. In mehreren Großstädten in der Zentralukraine versuchten Demonstranten, Verwaltungsgebäude zu stürmen. Auch in den östlichen Industriezentren Dnjepropetrowsk und Saporoschje versuchten Oppositionsanhänger nach eigenen Angaben, öffentliche Gebäude unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Proteste dehnten sich auch im Westen des Landes aus. In Ternopol und Iwano-Frankowsk besetzte die Opposition Rathäuser. In Winniza trat ein Richter aus Protest gegen die "politisch motivierte Verurteilung" von Demonstranten zurück.

In der Nacht auf Sonntag hatten Tausende Demonstranten ein von Sicherheitskräften genutztes Haus gestürmt. Die Regierungskritiker wollen das weitgehend leer stehende Gebäude nach eigenen Angaben nun als Pressezentrum nutzen. Außerdem sollen die Demonstranten dort essen und sich aufwärmen können.

Am Samstag hatte Präsident Janukowitsch seinen Gegnern mehrere Regierungsposten angeboten. Der frühere Außenminister und führende Vertreter der Opposition, Arseni Jazenjuk, hätte demnach Premierminister werden können, Vitali Klitschko sein Stellvertreter. Außerdem erklärte sich Janukowitsch bereit, die Verfassung zu ändern und umstrittene Gesetze zur Einschränkung der Versammlungsfreiheit zurückzunehmen. Doch die Oppositionellen lehnten den Vorschlag ab - Klitschko nannte den Plan von Janukowitsch ein "vergiftetes Angebot".

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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