Laufzeiten für Atomkraftwerke:Zwist in der Koalition

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Die Fraktionschefs von Union und FDP verlangen eine schnelle Entscheidung über die Laufzeiten für Kernkraftwerke - und stellen sich damit gegen Umweltminister Röttgen.

T. Öchsner u. P. Blechschmidt

Die Bundestagsfraktionen der Koalitionsparteien CDU/CSU und FDP dringen auf eine Entscheidung über längere Laufzeiten für Kernkraftwerke bis zum Herbst. Eine Sprecherin der Unionsfraktion bestätigte am Wochenende, dass die Bundesregierung am 28. September einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschieden wolle.

Die Bundestagsfraktionen der Koalitionsparteien CDU/CSU und FDP dringen auf eine Entscheidung über längere Laufzeiten für Kernkraftwerke bis zum Herbst. (Foto: ddp)

Ein Bericht des Spiegel, demzufolge die Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder (CDU) und Birgit Homburger (FDP) einen eigenen Gesetzentwurf planten, wurde in FDP-Kreisen dementiert. Einen solchen Plan gebe es "nach derzeitigem Stand" nicht, hieß es. Richtig sei jedoch, dass Einvernehmen über den Zeitplan hergestellt worden sei und dass die Fraktionen Wert darauf legten, dass dieser Zeitplan eingehalten werde.

Der umweltpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kauch, begrüßte, dass die Fraktionschefs der Regierung Druck machen wollten. Vor einer Entscheidung müssten die Koalitionsfraktionen ausreichend Gelegenheit zur Diskussion haben. So könnten die Abgeordneten gegebenenfalls die Vorschläge der Regierung ändern. "Übrigens kann eine Korrektur der Verlängerungsdauer auch nach unten und nicht nur nach oben erfolgen", sagte Kauch.

Im Kabinett wird derzeit um die Verlängerung der Laufzeiten gerungen. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) pocht auf mindestens 15 Jahre. Umweltminister Norbert Röttgen hält es für ausreichend, die Atomkraftwerke nur etwa zehn Jahre länger als im Atomausstiegsgesetz vorgesehen am Netz zu halten. Dies ist aber innerhalb der Union umstritten.

Eine Sprecherin der Unionsfraktion sagte am Wochenende zu den Plänen Röttgens: "Wenn da Laufzeiten enthalten sind, die nicht ausreichen, werden wir einen Änderungsantrag einbringen." Der Umweltminister sagte dagegen in Berlin: "Die Devise muss heißen: so lange wie nötig und nicht so lange wie möglich." Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich in dieser Frage noch nicht festgelegt.

Experten der Regierung sind beauftragt, vier Modelle für längere Laufzeiten durchzurechnen - für 4, 12, 18 und 28Jahre. Diese Berechnungen nehmen mehr Zeit in Anspruch als erwartet. Deshalb hat die Koalition die Vorlage ihres Energiekonzeptes, die ursprünglich vor der Sommerpause geplant war, auf den Herbst vertagt. Nach einem Spiegel-Bericht könnte es auch Schwierigkeiten bei der von Bundesregierung geplanten Brennelementesteuer geben.

Die Londoner Anwaltskanzlei Clifford Chance sieht in einem Gutachten juristische Probleme, weil die Steuer gegen europäische Richtlinien verstoße. Die Regierung könnte deshalb verstärkt unter Zeitdruck geraten. Unklar blieb am Sonntag, wer das Gutachten in Auftrag gab.

Die Brennelementesteuer, die die Betreiber der Atomkraftwerke zahlen sollen, ist Teil des Sparpakets der Regierung. Sie soll von 2011 an 2,3 Milliarden Euro an zusätzlichen Einnahmen bringen. Damit will die Koalition einen Teil der Gewinne abschöpfen, die die Energieversorger durch eine Verlängerung der Laufzeiten erzielen.

© SZ vom 05.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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