Landesverrat:Verdacht auf Versagen

Endlich sind die Ermittlungen beendet. Zu Ende ist der Fall damit nicht.

Von Jan Bielicki

Ein Landesverrat braucht drei Dinge, wenn es denn nach Recht und Gesetz einer sein soll: erstens ein Staatsgeheimnis. Zweitens den Willen, die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen. Und drittens die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit eben dieser Bundesrepublik. Nichts davon hat es im Fall der zwei Journalisten von Netzpolitik.org gegeben. Darum ist es natürlich richtig, dass die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen gegen die beiden eingestellt hat.

Doch zu den Akten darf dieser unerhörte Fall damit nicht. Dazu hat es zu vieles gegeben, was wirklich die Gefahr eines schweren Nachteils für die demokratische Verfasstheit des Landes birgt. Es ist beunruhigend genug, dass sich der Chef des Geheimdienstes, der die Verfassung schützen soll (und damit ja wohl auch die Pressefreiheit), sich in seinem Ärger über undichte Stellen zu einer Anzeige versteigt, die namentlich Journalisten ins Visier nimmt. Schlimmer noch, dass sich der oberste Strafverfolger der Republik darauf einlässt und erst gefeuert werden muss, bevor der offensichtliche Ermittlungsunsinn endlich aufhört. Und schließlich sind da noch Ministerien, die nicht oder viel zu spät gewusst haben wollen, was ihre Behörden da so treiben.

Da muss noch einiges aufklärt werden. Der Verdacht lautet nun freilich nicht Verrat. Sondern Versagen.

© SZ vom 11.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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