Vorschlag für neues Bundesland im Osten:Tillich und Lieberknecht lehnen Länderfusion ab

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Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff spricht davon, sein Bundesland mit Sachsen und Thüringen zusammenzulegen. Seine Amtskollegen in Dresden und Erfurt, Tillich und Lieberknecht, machen im Gespräch mit Süddeutsche.de deutlich, was sie von solchen Visionen halten: nichts.

Von Oliver Das Gupta

Reiner Haseloff hatte die Nachricht schön platziert. Mitten in der parlametarischen Sommerpause plauderte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident in der Welt über Neugliederung von Bundesländern - und schlug gleich etwas Konkretes vor: seine Heimat solle mit den Nachbarländern Thüringen und Sachsen zusammengelegt werden.

"Wenn Länderfusionen bundespolitisch gewollt sind, die Interessen der schwächeren Länder dabei berücksichtigt werden, werden wir uns in Mitteldeutschland der Fusionsfrage sicher nicht verschließen", sagte Haseloff. In einer ersten Stufe seien zunächst die Kooperationspotenziale zwischen den Ländern besser auszuschöpfen. Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen bildeten bereits die Initiative Mitteldeutschland. "Nirgendwo in Deutschland arbeiten Bundesländer so eng zusammen wie hier", frohlockte Haseloff.

Der CDU-Politiker räumte zwar ein, dass es für ein solches Vorhaben derzeit keine Mehrheit in den Bevölkerungen gebe - denn die müssten in Volksabstimmungen dem Zusammenschluss zustimmen. Noch aber seien die Kooperationspotenziale zwischen Ländern nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft.

Der Widerspruch seiner Amtskollegen und CDU-Parteifreunde in Dresden und Erfurt ließ nicht lange auf sich warten. Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich und die Thüringer Regierungschefin Christine Lieberknecht (beide ebenfalls CDU) machen im Gespräch mit Süddeutsche.de deutlich, was sie von einem solchen Konglomerat halten: nichts.

"Ich sehe keine Notwendigkeit, die drei Länder zu fusionieren", sagt Tillich. Dies ginge "auf Kosten der Regionalität, die die Sachsen, die Thüringer und die Sachsen-Anhalter seit 1990 wiedergewonnen haben". Der sächsische Ministerpräsident sieht zwar weitere Kooperationsmöglichkeiten und Synergiepotenziale. Allerdings kann er sich einen Seitenhieb auf das im Vergleich zu Sachen ökonomisch schlechter gestellte Sachsen-Anhalt nicht verkneifen: "Im Übrigen waren es politische Entscheidungen in den Ländern, die zu einer Verschuldung geführt haben und nicht die Existenz der Länder selbst".

Diktat der Wirtschaftlichkeit

Auch Thüringens Landesmutter Lieberknecht lehnt die Idee ab, dass Thüringen in einem größeren Ostbundesland aufgeht: "Länderfusion nein, Kooperationen ja". Allerdings argumentiert sie - anders als Tillich - mit Identität und Heimatgefühl: "Die Menschen identifizieren sich mit den Regionen, in denen sie leben". Länderstrukturen sollten "nicht dem Diktat der Wirtschaftlichkeit unterliegen", so Lieberknecht zu Süddeutsche.de. "Eine Länderfusion Thüringens mit seinen Nachbarländern halte ich für falsch, Kooperationen in Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung aber sind richtig und notwendig".

Über die Möglichkeit, durch Länderfusionen Einsparungen zu erzielen, wird immer wieder diskutiert. Nach dem sogenannten Ewigkeitsartikel 20 des Grundgesetzes darf zwar der Föderalismus in der Bundesrepublik nicht abgeschafft werden. Eine Neugliederung ist aber generell möglich, "um zu gewährleisten, dass die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können". Voraussetzung dafür ist außerdem, dass die Bürger aller betroffenen Länder das Vorhaben in Volksabstimmungen billigen.

In der Geschichte der Bundesrepublik ist eine Fusion bislang nur einmal gelungen, als sich 1952 Württemberg-Baden, Baden und Württemberg-Hohenzollern zu Baden-Württemberg zusammenschlossen. 1996 scheiterte eine geplante Fusion von Berlin mit Brandenburg am Widerstand der Brandenburger.

Sachsen-Anhalt ist eines der Länder, bei denen von Zeit zu Zeit eine Fusion mit Nachbarn diskutiert wird. Ähnliche Gedankenspiele gibt es unter anderem rund um einen "Nordstaat" aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern.

Mit Material von AFP.

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