Kriminalität:Pegida-Redner soll Bombe gelegt haben

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Spuren des Hasses: Die Eingangstür zur Moschee ist verrußt und von der Wucht der Explosion nach innen gebogen. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Zwei Monate nach dem Anschlag auf eine Dresdner Moschee fasst die Polizei einen Verdächtigen, der schon bei einer Kundgebung als Hetzredner aufgetreten ist.

Von Cornelius Pollmer, Dresden

Mehr als zwei Monate nach dem Sprengstoffanschlag auf eine Moschee und ein Kongresszentrum in Dresden hat die Polizei einen Tatverdächtigen verhaftet. Die Ermittler nahmen einen 30 Jahre alten Mann aus Dresden fest, wie das für politisch motivierte Straftaten zuständige Operative Abwehrzentrum (OAZ) der sächsischen Polizei und die Generalstaatsanwaltschaft am Freitag mitteilten. Bei Durchsuchungen der Wohnung des Mannes seien diverse Gegenstände gesichert worden, die mutmaßlich zur Herstellung von Spreng- und Brandvorrichtungen genutzt werden könnten, hieß es. Im Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung stimmten die an verschiedenen Gegenständen gesicherten Spuren mit der DNA des Beschuldigten überein. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft wurde der Mann am Donnerstag auf einer Baustelle in Hessen festgenommen, wo er auf Montage tätig war. Hinweise auf Komplizen gebe es bisher nicht.

Bei einer Kundgebung sprach er von "kriminellen Ausländern" und "faulen Afrikanern"

Ein Haftrichter erließ Haftbefehl, der Verdächtigte kam in die Justizvollzugsanstalt Dresden. Nach Angaben der Ermittlungsbehörden muss sich der Mann, der allein in Dresden lebt, wegen der Anschläge auf die Moschee im Dresdner Westen und das zentral gelegene Kongresszentrum am 26. September verantworten. Bei den Angriffen entstand jeweils Sachschaden, Menschen wurden äußerlich nicht verletzt. Die Sprengsätze waren kurz hintereinander explodiert. Der Imam und seine Familie hatten sich zum Tatzeitpunkt in ihrer Wohnung aufgehalten, die zum selben Gebäudekomplex gehört wie die Moschee. Deren Eingangstür war durch die Detonation leicht nach innen gedrückt und verrußt worden. Der Beschuldigte steht auch im Verdacht, drei Tage später eine aus Gläsern und Drähten bestehende Bombenattrappe an der Dresdner Marienbrücke platziert zu haben. Die Anschläge wenige Tage vor den zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Dresden hatten bundesweit Entsetzen ausgelöst. Im Kongresszentrum war ein Empfang von Bundespräsident Joachim Gauck geplant, der auch nach dem Anschlag wie vorgesehen stattfand. In den Tagen nach den Anschlägen waren etliche Hinweise bei der Polizei eingegangen, zudem veröffentlichte die Polizei später ein kurzes Überwachungsvideo, das eine verdächtige Person zeigt - die allerdings einen Motorradhelm trägt.

Wie das OAZ ebenfalls bestätigte, trat der festgenommene Mann in der Vergangenheit als Redner beim fremden- und islamfeindlichen Pegida-Bündnis in Dresden auf. "Wir haben davon auch Kenntnis", sagte Behördenchef Bernd Merbitz. Im Internet ist ein Mitschnitt der gut neunminütigen Rede des Verdächtigen auf einer Pegida-Kundgebung im Juli 2015 zu sehen. Darin verliest er einen offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, in welchem er dieser unter anderem vorwirft, sie lasse "kriminelle Ausländer Drogen verkaufen" und "faule Afrikaner, anstatt ihre Länder aufzubauen, unsere Sozialkassen plündern". Pegida-Gründer Lutz Bachmann hatte sich nach der Rede des Verdächtigen für dessen "starke und deutliche Worte" bedankt und die Demonstranten um einen "Riesenapplaus" gebeten. Am Freitag distanzierte sich Bachmann auf seinem Facebook-Profil von dem Verdächtigen: "Wenn er es war, dann bitte einsperren und Schlüssel wegwerfen."

In der sächsischen Landespolitik wurde die Festnahme des Mannes überwiegend mit Erleichterung aufgenommen. Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) wertete dessen Ergreifung als "weiteren Erfolg der sächsischen Sicherheitsbehörden gegen den Rechtsextremismus". Innenminister Markus Ulbig (CDU) sagte, die Festnahme zeige, dass das gemeinsame Sonderdezernat von Polizei und Justiz zur Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität eine schlagkräftige Einheit bilde. Kerstin Köditz, Extremismus-Expertin der sächsischen Linkspartei, sagte, die Übergänge zum Rassismus seien fließend. Die Radikalisierung von rechts habe offenbar zu Rechtsterrorismus geführt, und dies "nicht zum ersten Mal in Sachsen".

Die AfD verlangte eine harte Bestrafung für Bombenleger, warnte aber davor, Pegida-Demonstranten in "Kollektivhaftung" für die Taten Einzelner zu nehmen. Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Landtags-Grünen, sagte, die Bestätigung eines fremden- beziehungsweise islamfeindlichen Motivs des Täters zeige, "dass Sachsens Polizei und Justiz den Verfolgungsdruck auf die rechte Szene weiter erhöhen und Straftäter zügig vor Gericht bringen müssen". Die Zahl fremdenfeindlicher Übergriffe und Anschläge ist in Deutschland in diesem Jahr stark angestiegen, die Aufklärungsquote ist äußerst gering.

Mitarbeit: Sebastian Pittelkow

© SZ vom 10.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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