Kriminalität:Fall Peggy - Spur führt zum NSU

Lesezeit: 2 min

Am Fundort der Leiche des jahrelang verschollenen Mädchens haben Ermittler DNA des mutmaßlichen Terroristen Uwe Böhnhardt gefunden, teilt die Staatsanwaltschaft Bayreuth am Donnerstagabend mit.

Von Hans Holzhaider, Katja Auer und Olaf Przybilla, München

Im Fall der im Mai 2001 verschwundenen und mutmaßlich ermordeten Peggy Knobloch haben Polizei und Staatsanwaltschaft am Donnerstagabend von einer dramatischen Entdeckung berichtet. Auf einem "Spurenträger", der am Fundort der sterblichen Überreste von Peggy Knobloch gefunden wurde, sei DNA festgestellt worden, die dem NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt zuzuordnen sei, teilten das Polizeipräsidium Oberfranken und die Staatsanwaltschaft Bayreuth mit. Sie gaben nicht näher an, wo genau die Spur identifiziert wurde. Nach SZ-Informationen ist der "Spurenträger" ein Stofffetzen, der im Umfeld der Fundstelle des Skeletts von Peggy Knobloch gefunden wurde.

Die neunjährige Peggy war am 7. Mai 2001 auf dem Heimweg von der Schule im oberfränkischen Lichtenberg verschwunden. Trotz intensiver Suche konnte keine Spur des Mädchens entdeckt werden. Am 30. April 2004 wurde der damals 23-jährige geistig behinderte Ulvi K. wegen des Mordes an Peggy verurteilt. In einem Wiederaufnahmeprozess wurde Ulvi K. im Mai 2014 freigesprochen. Über das Schicksal des Mädchens gab es im Lauf der Jahre die wildesten Spekulationen.

Im Juli 2016 fanden Pilzsammler im südlichen Thüringen, etwa 15 Kilometer von Lichtenberg entfernt, Skelettteile, die nach einer DNA-Analyse als die Überreste von Peggy Knobloch identifiziert wurden. In den letzten Wochen durchforstete die Polizei noch einmal das Umfeld des Fundortes. Dabei wurden offensichtlich die Stoffreste sichergestellt, an denen jetzt die DNA von Uwe Böhnhardt entdeckt wurde. Böhnhardt stammt aus Jena, nur etwa 90 Kilometer von Lichtenberg entfernt. 2001, als Peggy verschwand, war Böhnhardt mit seinem Komplizen Uwe Mundlos schon untergetaucht. Am 13. Juni 2001, nur etwa vier Wochen nach Peggys Verschwinden, wurde in Nürnberg der zweite Mord der NSU-Mordserie an dem türkischen Schneider Abdurrahim Özüdoğru begangen.

Welche Aussagekraft die Entdeckung von Böhnhardts DNA im Zusammenhang mit dem Fall Peggy Knobloch hat, lässt sich derzeit nicht mit Sicherheit sagen. Zunächst müssen alle Möglichkeiten geprüft werden, wie die DNA Böhnhardts möglicherweise im Laufe der Ermittlungsarbeiten mit dem Fundmaterial im Fall Peggy in Berührung gekommen sein könnte. Ein denkbarer Verbindungspunkt könnte das Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum in Jena sein. Dort wurden sowohl die Skelettteile von Peggy Knobloch, als auch die Leiche von Uwe Böhnhardt untersucht, der sich am 4. November 2011 vermutlich durch Selbstmord dem Zugriff der Polizei entzogen hatte.

Im Fall eines weiteren NSU-Opfers, der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn, hatte ein verunreinigtes Wattestäbchen die Ermittler auf die falsche Fährte geführt. Jahrelang suchten die Polizisten eine Frau, deren DNA an vielen weiteren Tatorten aufgetaucht war. Erst spät stellte sich heraus, dass die Genspur von der Mitarbeiterin eines Verpackungsbetriebs für Wattestäbchen stammte - und dass in Wirklichkeit vermutlich der NSU für die Tat verantwortlich war.

© SZ vom 14.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: