Knesset-Wahl in Israel:Livni und Netanjahu sehen sich als Sieger

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Zwar liegt Kadima mit 28 Sitzen knapp vor Likud, doch Netanjahu hat mit anderen rechten Parteien eine Mehrheit. Beide Politiker reklamieren das Amt des Regierungschefs für sich.

Nach dem knappen Ausgang der Parlamentswahl in Israel zeichnet sich eine schwierige Regierungsbildung ab. Nach Auszählung fast aller Stimmen wurde in der Nacht zum Mittwoch damit gerechnet, dass die liberal-konservative Kadima-Partei von Außenministerin Tzipi Livni mit einem Sitz Vorsprung stärkste Kraft in der neuen Knesset werden würde. Dicht gefolgt wurde sie vom konservativen Likud-Block unter Führung des früheren Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.

Bekam überraschend viele Stimmen der israelischen Wähler: Außenministerin Tzipi Livni. (Foto: Foto: Getty Images)

Beide Seiten erhoben Anspruch auf die Regierungsbildung. Eine Schlüsselrolle könnte nun der ultranationalistischen Partei Israel Beiteinu ("Unser Heim Israel") von Awigdor Lieberman zukommen, die im Wahlkampf mit anti-arabischen Tönen auf sich aufmerksam gemacht hatte.

Livnis Kadima kann aufgrund der vorläufigen Ergebnisse mit etwa 28 der 120 Knesset-Sitze rechnen, Netanjahus Likud mit voraussichtlich 27 Mandaten. Im Vergleich zur Wahl vom März 2006 verschlechterte sich die Kadima um ein Mandat, während der Likud 15 hinzugewann. Livni rief Netanjahu auf, sich an einer Regierung der nationalen Einheit unter ihrer Führung zu beteiligen.

Netanjahu sieht sich als künftiger Ministerpräsident

Netanjahu beanspruchte jedoch vor Anhängern seiner Partei selbst das Amt des Regierungschefs. "Mit Gottes Hilfe werde ich die nächste Regierung führen", sagte er. Dazu werde er sich um die Unterstützung anderer Parteien aus dem nationalistischen Lager bemühen, das zusammen auf etwa 64 Sitze komme.

Israel-Beiteinu-Chef Lieberman zeigte sich für beide potenziellen Partner offen, ließ aber seine Präferenz für ein Bündnis mit dem Likud erkennen. Den Beitritt seiner Partei zu einer Regierungskoalition machte er vom Sturz der radikal-islamischen Hamas-Organisation im Gaza-Streifen abhängig.

Es werde mit seiner Partei weder eine Waffenruhe noch direkte oder indirekte Gespräche mit der Hamas geben, sagte Lieberman. "Es ist wahr, dass Tzipi Livni überraschend gewonnen hat, aber wichtiger ist, dass das rechte Lager eine klare Mehrheit gewonnen hat", sagte Lieberman. Er bevorzuge eine Koalition aus rechten Parteien.

Präsident Peres hat eine Woche Bedenkzeit

Die früher lange Jahre dominante Arbeitspartei mit Verteidigungsminister Ehud Barak an der Spitze rutschte auf den vierten Platz in der Wählergunst ab. Sie stürzte von 19 auf 13 Sitze ab - das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Auf Platz fünf kommt die religiöse Schas-Partei mit elf Mandaten. Die Wahlbeteiligung lag bei 65,2 Prozent und fiel damit höher aus als erwartet.

Die Entscheidung über den Auftrag zur Regierungsbildung liegt nun bei Präsident Schimon Peres. Dieser wird zunächst Gespräche mit den Parteien führen und sich deren Empfehlungen anhören, was rund eine Woche dauern dürfte.

Wer danach den Regierungsauftrag erhält, hat 42 Tage Zeit zur Bildung einer Koalition. Traditionell benennt der Präsident den Chef der stärksten Kraft in der Knesset; verpflichtet ist er dazu jedoch nicht. Bis eine neue Regierung steht, bleibt der im September zurückgetretene Ministerpräsident Ehud Olmert weiter geschäftsführend im Amt.

In jedem Fall dürfte der Rechtsruck in der Knesset Hoffnungen der neuen US-Regierung dämpfen, mit der künftigen israelischen Koalition neuen Schwung in die Friedensbemühungen mit den Palästinensern und den arabischen Nachbarstaaten zu bringen. Der frühere US-Vermittler Aaron David Miller prophezeite, neben den uneinigen Palästinensern werde es nun auch eine handlungsunfähige Regierung in Israel geben. Der künftige Regierungschef werde aufgrund der Machtverhältnisse nicht in der Lage sein, die benötigten harten und mutigen Entscheidungen zu treffen.

© Reuters/dpa/AFP/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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