Klimaschutz:Die Rivalen feiern ihr Bündnis

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Die USA preisen die Klimapolitik Pekings - auch aus Eigennutz.

Von K. Strittmatter und M. Bauchmüller, Peking/Berlin

Wenn sonst gar nichts geht - ein wenig Klimaschutz geht immer. Auf den Schachzug scheinen sich Chinas Staatspräsident Xi Jinping und sein amerikanischer Kollege Barack Obama geeinigt zu haben, immerhin die Staatschefs der beiden größten Klimagasproduzenten. Das Rezept funktionierte schon im November vorigen Jahres, als Xi und Obama nach einem ansonsten eher mühsam verlaufenden Gipfel in Peking überraschend verkündeten, sie hätten sich auf konkrete Ziele bei der Reduzierung ihres Kohlendioxidausstoßes geeinigt. Und es funktioniert auch jetzt wieder, da beide sich verheddern in ihren Streitigkeiten über das Südchinesische Meer und über Chinas Hackerangriffe.

Und so gibt es nun abermals eine Erklärung, diesmal allerdings durchaus mit einer Neuigkeit: Erstmals will auch China sich finanziell am Kampf gegen die Erderwärmung beteiligen. 3,1 Milliarden Dollar werde Peking bereitstellen, heißt es in der gemeinsamen Erklärung Obamas und Xis, -"um Entwicklungsländern im Kampf gegen den Klimawandel zu helfen". Bislang hatte China um solche Zusagen immer einen großen Bogen gemacht - offiziell sieht es sich immer noch als Entwicklungsland. Bei Klima-Finanzhilfen sah Peking deshalb immer zuerst die Industrieländer in der Pflicht. Obama selbst hatte schon im vorigen Jahr drei Milliarden Dollar zugesagt - die Ankündigung aus Peking sei damit "konsistent", heißt es in der Erklärung. Langfristig strebe man eine "kohlenstoffarme" Welt an.

China testet den Handel mit Emissionsrechten schon in vier Städten, begleitet von Kritik

Auch manches alte findet sich darin, etwa die Selbstverpflichtung zum landesweiten chinesischen Emissionshandel: Von 2017 an werde sein Land einen Handel mit Klima-Zertifikaten einführen, bekräftigte Xi. Die Stromerzeugung, Stahlhütten, Zementwerke "und andere Schlüsselindustrien" würden ihm unterworfen. Im Moment läuft das weltweit größte Programm des Emissionsrechtehandels in der Europäischen Union. Unternehmen müssen dort ein Zertifikat für jede Tonne auszustoßendes Kohlendioxid kaufen. Die Zertifikate sind handelbar, ihre Zahl ist begrenzt. China plant ein solches Projekt schon seit 2011, seit zwei Jahren gibt es Pilotprojekte in Peking, Tianjin, Shanghai und Shenzhen sowie in drei Provinzen (Chongqing, Guangdong und Hubei). Eine Zeitlang hatte es geheißen, die landesweite Umsetzung stehe für 2016 bevor. Zuletzt allerdings wuchs die Kritik an der Intransparenz der Pilotprojekte und an der undurchsichtigen Preissetzung für die Zertifikate.

Manche Beobachter hatten deshalb mit einer Verschiebung des chinaweiten Startschusses um einige Jahre gerechnet. So gesehen ist der Start 2017 für Klimaschützer eine frohe Botschaft. Zumal Xi auch zusagt, die öffentliche Förderung für stark verschmutzende Projekte stärker zu kontrollieren. Korruption ist weit verbreitet im Energie- und gerade im Kohlesektor, aber auch in für den Emissionshandel zentralen Industrien Stahl, Zement und Papier. Und jede Art von unabhängiger Überwachung ist dem System suspekt. China ist noch immer abhängig von Kohle, das Land verbraucht ungefähr so viel wie der Rest der Welt zusammen.

Schon spricht Greenpeace von einer "neuen Ära des gemeinsamen Handelns in der internationalen Klimapolitik". Chinas finanzielles Engagement für das Klima sei ein "Paradigmenwechsel". China sei bereit, der Welt zu helfen, von fossilen Brennstoffen Abschied zu nehmen. Und auch Obama dürfte zufrieden sein. Washington will ein Momentum schaffen, das auf zwei Zielgruppen Eindruck macht: auf die Staatengemeinde, die im Dezember in Paris über ein Klimaabkommen verhandelt. Und auf die Klimamuffel zu Hause, die Republikaner, aber auch einige Demokraten, die schon einmal einen Vorstoß Obamas zum Emissionshandel in kippten - mit Hinweis auf den angeblich untätigen Konkurrenten China.

© SZ vom 26.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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