Klimagipfel:Demo ohne Demonstranten

Klimagipfel: Zu einer Weltklimakonferenz gehören Proteste - doch die Behörden halten das Risiko für zu groß. In Lothringen wachsen Äpfel mit dem Tagungslogo.

Zu einer Weltklimakonferenz gehören Proteste - doch die Behörden halten das Risiko für zu groß. In Lothringen wachsen Äpfel mit dem Tagungslogo.

(Foto: AFP)

Zehntausende wollten bei der Weltklimakonferenz in Paris auf die Straße gehen. Doch wegen der Terrorgefahr haben die Behörden den Marsch verboten. Wie kann sich der Protest nun äußern?

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Wie wäre es mit Schaufenstern, in denen flächendeckend Plakate hängen, Aufrufe an die Staats- und Regierungschefs? Mit Balkonen, an denen Banner flattern - unübersehbare Mahnungen zu mehr Klimaschutz? So könnte sie aussehen, die erste Großdemonstration ohne Demonstranten, übernächstes Wochenende in Paris. Denn der ursprünglich geplante "Klima-Marsch" ist seit Mittwochabend verboten. Die Sicherheit von Hunderttausenden Menschen unter freiem Himmel lasse sich nicht sichern, sagte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius. Und das nicht nur angesichts des Terrorrisikos - auch eine Panik unter so vielen Menschen berge unkalkulierbare Gefahren. Fabius koordiniert für die französische Regierung die Vorbereitungen des Klimagipfels.

Ursprünglich sollte es die größte Klimademo aller Zeiten werden, größer noch als jene in Kopenhagen, bei der 2009 rund 100 000 Menschen zum Klimaschutz aufriefen. Auch das Timing hätte perfekt gepasst: Am Sonntag sollte der Marsch durch Paris stattfinden - genau einen Tag, bevor mehr als 120 Staats- und Regierungschefs die Konferenz mit großen Worten eröffnen wollen. Dann kam der Terror. "Wir sind uns über den Ernst der Lage bewusst", sagt Juliette Rousseau, Koordinatorin der Klimakoalition 21. Nun komme es auf Kreativität an. "Kein Klimagipfel ohne die Zivilgesellschaft", findet Rousseau.

Nur rätseln die Umweltgruppen nun, was die Zivilgesellschaft tun könnte. Neben verhängten Schaufenstern sind Schweigeminuten im Gespräch, auch spontane Demos, sogenannte Flashmobs. "Wir werden neue, einfallsreiche Wege finden", sagt Jean François Julliard, Chef von Greenpeace in Frankreich. "Wir werden sicherstellen, dass unsere Stimmen gehört werden." Dazu sollen auch die mehr als 2000 anderen Aktionen in aller Welt beitragen, darunter 50 Märsche am Auftakt-Wochenende, in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka ebenso wie in Berlin.

Was aber in Paris geschehen soll, darüber laufen noch die Gespräche. Zwischenzeitlich war auch ein Stadion im Gespräch, das ließe sich zumindest besser schützen als der öffentliche Raum. Und auch die Pilger aus aller Herren Länder, die pünktlich am Samstag vor der Konferenz in Paris eintreffen wollen, brauchen ein neues Ziel. Mehr als zwei Millionen Unterschriften wollten sie übergeben, im Rathaus von Saint-Denis - jenem Stadtteil, in dem sich offenbar Hinterleute des Anschlags verschanzt hatten. Gesucht wird nun: ein Ort ohne Risiko.

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