Kinderehen:Wohlfeile Empörung

Der Justizminister will gegen Kinderehen vorgehen. Das ist richtig. Aber welche Mittel und Möglichkeiten gibt es?

Von Constanze von Bullion

Wenn eine 13-Jährige wie eine Prinzessin herausgeputzt wird, um der Familie des Bräutigams gegen ein paar Elektrogeräte überlassen zu werden, geht das in Indien als ganz normale Hochzeit durch. Wird eine Elfjährige auf der Flucht aus Syrien mit einem Mann verheiratet, der ihr Großvater sein könnte, kann das der Versuch der Eltern sein, sie in Sicherheit zu bringen. Aus deutscher Sicht ist es eine schwere Straftat. Wer ein Kind zu sexuellen Handlungen nötigt, es riskanten Frühschwangerschaften aussetzt und um Bildung bringt, gehört hierzulande ins Gefängnis.

Es ist also richtig, dass der Justizminister gegen Kinderehen vorgehen will. Ihre Zahl wächst mit der Zahl der Flüchtlinge. Mittel aber gegen solche Ehen, die besonders Mädchen um Grundrechte bringen, haben deutsche Behörden kaum. Eine Ehe, die anderswo legal geschlossen wurde, kann hier nicht einfach annulliert werden. Und wer wie die Union nun die Axt ansetzen und Ehen unter 18 Jahren schlicht verbieten will, macht es sich zu leicht.

Was wird aus der zwangsverheirateten Syrerin, die in Deutschland keinen kennt außer ihrem Mann? Wird sie zwangsgetrennt - was bedeutet das für ihre Kinder? In traditionellen muslimischen Familien bleiben bei Trennung männliche Kinder oft beim Vater. Welche Mutter soll das wollen? Wer vorgibt, für Mädchenrechte zu kämpfen, muss genauer hinsehen. Wohlfeile Empörung hilft da nicht weiter.

© SZ vom 31.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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