Katholischer Kardinal Hoyos in der Kritik:Der Falke aus Medellin

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Nicht der Papst ist schuld am Desaster, sondern Kardinal Hoyos - so argumentieren viele Katholiken. Der kolumbianische Hardliner sei ein "Pfuscher" und habe die Pius-Brüder nicht genügend geprüft.

Der 79-jährige Darío Castrillón Hoyos gilt als einer der einflussreichen "Falken" im Vatikan. Vor gut zwölf Jahren nach Rom berufen, ist der konservative Kolumbianer jetzt durch die Holocaust-Affäre des Heiligen Stuhls mitten ins Zentrum der Kritik geraten: Er leitet die für die abtrünnigen Traditionalisten der Pius-Bruderschaft zuständige Päpstliche Kommission. Sie existiert seit 1988.

Im Kreuzfeuer der Kritik: Darío Castrillón Hoyos (Foto: Foto: dpa)

Zuerst war aus dem Vatikan nur hinter vorgehaltener Hand über ihn geklagt worden: Der Mann aus Medellin habe es zu eilig gehabt und zu wenig gründlich die so umstrittene Rücknahme der Exkommunikation der vier erzkonservativen Bischöfe (darunter Holocaust-Leugner Richard Williamson) vorbereitet.

Seit längerem heißt es aus dem Kirchenstaat, Hoyos habe vor seiner Pensionierung das Schisma beenden wollen und deswegen womöglich die Äußerungen Williamsons unterschlagen. Diese Version wurde vor einigen Tagen von einem Bericht des Journalisten Chris Bonface bestätigt, den Vatikankreise als "glaubwürdig und nachvollziehbar" einschätzen. Danach soll der Kurienkardinal Giovanni Battista Re auf einer Busfahrt seinen Amtsbruder Hoyos als "Pfuscher" beschimpft haben.

Nun zeigt Vatikan-Sprecher Federico Lombardi ganz offen auf ihn: "Wenn jemand (von den Äußerungen zum Holocaust) hätte wissen müssen, dann war es Kardinal Castrillón Hoyos."

Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, sagte im ZDF, Hoyos, hätte sich vergewissern müssen, "was für Personen" die betroffenen vier Mitglieder der Pius-Bruderschaft seien. Dass dies nicht geschehen und Papst Benedikt nicht informiert worden sei, sei "ein offenes Versagen".

Zuvor hatte bereits der Leiter des deutschsprachigen Programms von Radio Vatikan, Eberhard von Gemmingen im Interview mit sueddeutsche.de eine ähnliche Meinung vertreten: "Ich weiß auch nicht, warum der zuständige Kardinal Darío Castrillón Hoyos so uninformiert war. Der Kolumbianer hat, nachdem die Äußerungen Williamsons publik geworden waren, in einem Interview gesagt, in seinen Gesprächen mit den Lefebvrianern war von Williamson nie die Rede."

Hoyos ist verantwortlich für die auch von Papst Benedikt XVI. befürwortete Wiederannäherung der abtrünnigen Priesterbruderschaft. Seit dem Frühjahr 2000 ist der Kolumbianer Präsident der von Papst Johannes Paul II. eigens für die Abweichler unter Erzbischof Marcel Lefebvre gegründeten Kommission "Ecclesia Dei" (Die Kirche Gottes).

Langjährige Verhandlungen

Die Kommission soll sich um jene kümmern, "die mit dem Nachfolger Petri in der katholischen Kirche verbunden bleiben wollen". Über Jahre hinweg verhandelte Hoyos also mit den vier exkommunizierten Bischöfen, stellte ihnen im Sommer 2008 ein "Ultimatum" für die von den Traditionalisten angestrebte Wiederannäherung. Hoyos sprach vor allem mit dem Generaloberen der Bruderschaft, Bernard Fellay, und aus seiner Kommission hieß es angesichts des angerichteten Schadens, nach den politischen Meinungen der vier sei dabei nicht geforscht worden.

Der studierte Theologe und Philosoph wurde 1952 zum Priester und 1971 zum Bischof geweiht. Hoyos arbeitete sich zum Generalsekretär und Präsidenten des Lateinamerikanischen Bischofsrates hoch, bis ihn Johannes Paul II. zum Erzbischof ernannte und 1998 zum Kardinal und Präfekten der Kongregation für den Klerus.

Das Amt gab der geschulte Kirchenrechtler und Sozialwissenschaftler Ende Oktober 2006 auf. Es blieb die heikle Aufgabe, der "Begnadigung" des Quartetts den Weg zu ebnen, im Sinne der von Benedikt hochgehaltenen "Einheit der Kirche".

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