Katholische Kirche:Päpstliche Gardinenpredigt

Papst Franziskus hat den Emminenzen und Exzellenzen den Kopf gewaschen - schon wieder.

Von Matthias Drobinski

Die Weihnachtsfeiern fürs gehobene Personal der römischen Kurie sind wenig vergnüglich: Die meist älteren Herren sitzen auf Stühlen mit steilen Lehnen - Plätzchen, Wein und Weihnachtslieder fallen aus. Stattdessen müssen die Monsignori, Exzellenzen und Eminenzen hören, wie der Papst ihnen den Kopf wäscht. Vor zwei Jahren sprach Franziskus über 15 Krankheiten der Kurie, darunter "spirituelles Alzheimer"; 2015 ermahnte er sie zu 15 Tugenden. Jetzt hat er "böswillige Widerstände" aus der Runde beklagt. Na dann: fröhliches Fest!

Nun sind solche Gewissenserforschungen fester Bestandteil der jesuitischen Exerzitien, man könnte sie also als allgemeine geistliche Ermahnungen begreifen. Aber natürlich hat die päpstliche Gardinenpredigt ihren Sitz im Leben: Es gibt inzwischen offenen Widerstand gegen den Reformkurs des Papstes; der Kurienkardinal Raymond Burke, unter Benedikt XVI. höchster Richter im Vatikan, ist zum halbamtlichen Oppositionsführer geworden, der dem Papst vorwirft, die Lehre zu verwässern. Das trifft Franziskus offenbar.

Andererseits: Hat er sich nicht mehr Debatte und Bewegung in seiner Kirche gewünscht? Dann muss der Papst auch hinnehmen, dass er geradeheraus kritisiert wird; allerdings auch Burke, dass der Papst dann wiederum ihm die Meinung geigt. Eine offene, kontroverse, ehrliche Richtungsdebatte - das wäre geradezu revolutionär für die römische Kurie.

© SZ vom 23.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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