Katholikentag:Friedenssuche in Münster

Lesezeit: 2 min

Fahnen mit dem Motto des Katholikentages wehen am Münsteraner Prinzipalmarkt, wo vor 400 Jahren im Rathaus der Westfälische Frieden geschlossen wurde. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Kruzifixe in Bayern, der Umgang mit dem Islam, Antisemitismus - es gibt jede Menge aktueller Themen. Weiterer Konfliktstoff: die Gästeliste.

Von Matthias Drobinski, München

Konfliktstoff gibt es genug auf dem Katholikentag in Münster, der am Mittwochabend beginnt: Soll der Staat ein Kreuz in Amtsgebäuden verordnen, wie es Bayerns Ministerpräsident Markus Söder getan hat? Welche Rolle soll künftig der Islam im Land spielen? Was tun gegen Antisemitismus, wie umgehen mit Flüchtlingen, wie für den Frieden in der unsicher gewordenen Welt eintreten? "Suche Frieden", heißt das Leitwort des Treffens, zu dem 40 000 Dauergäste und mehrere Zehntausend Tagesbesucher erwartet werden; mit dem Frieden von Osnabrück und Münster endete 1648 der Dreißigjährige Krieg, der in diesem Jahr vor 400 Jahren begann. "Suche Frieden" - das passt in ein Land, in dem die Konflikte und die Kriegsangst zugenommen haben.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), das den Kirchentag veranstaltet, verabschiedete auf seiner Vollversammlung vor dem Beginn des Treffens eine "Münsteraner Erklärung"; sie soll ein Zeichen setzen gegen Rassismus, Ausländer- und Behindertenfeindlichkeit. Man wolle "als Christen insbesondere mit den Angehörigen anderer Religionen und Weltanschauungen, mit Zuwanderern und Einheimischen, friedlich zusammenleben", sagte der ZdK-Präsident und nordrhein-westfälische CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Sternberg. Der Katholikentag solle zeigen, dass Populismus, Demokratie- und Fremdenfeindlichkeit keinen Platz in Deutschland haben dürften.

Das ZdK reagiert damit auch auf die Kritik an der Einladung eines AfD-Vertreters zu einer Diskussion über Politik und Religion mit allen im Bundestag vertretenen Parteien. Vor zwei Jahren war Sternberg noch heftig angegangen worden, weil der Katholikentag bewusst keinen AfD-Politiker eingeladen hatte - jetzt werfen unter anderem die Grünen und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend dem Katholikentag vor, der rechten Partei eine Plattform zu bieten. Sternberg und das ZdK haben sich deutlich von AfD-Positionen distanziert, halten es aber für richtig, die im Bundestag vertretene Partei nicht grundsätzlich auszuschließen.

Regisseur Wim Wenders zeigt seinen Film "Papst Franziskus - ein Mann seines Wortes"

Kritisch äußerte sich der Präsident des Dachverbandes der katholischen Laienverbände zur Diskussion um die Pflichtkreuze in den bayrischen Behörden. "Ich freue mich über jedes Kreuz im öffentlichen Raum", sagte Sternberg, "aber das Thema gehört nicht in den Wahlkampf." Die Anordnung des CSU-Ministerpräsidenten Markus Söder, dass in allen Behörden des Freistaats ein Kreuz aufzuhängen ist, nannte er einen "Wahlkampf-Gag". Sternberg warnte vor zunehmendem Antisemitismus von rechter und muslimischer Seite - aber auch vor einer "Religionisierung" vielschichtig gelagerter Probleme, die vorschnell "dem Islam" zugeschrieben würden. Von den 950 im vergangenen Jahr polizeilich bestätigten Straftaten gegen Muslime werde viel zu wenig gesprochen. Die Anfragen der AfD zu Krankheiten und Behinderungen unter Flüchtlingen seien ein "widerliches Signal der Ausgrenzung".

Der Katholikentag, dessen Gastgeber das Bistum Münster und dessen Bischof Felix Genn ist, dauert bis Sonntag. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sein Kommen zugesagt, auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Sozialminister Hubertus Heil (SPD) und weitere Kabinettsmitglieder. Zu den internationalen Gästen gehört Kolumbiens Staatspräsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos. Regisseur Wim Wenders zeigt seinen Film "Papst Franziskus - ein Mann seines Wortes".

Eine Rolle auf dem Katholikentag dürfte auch der Streit unter den Bischöfen spielen, ob im Einzelfall nichtkatholische Ehepartner zur Kommunion zugelassen werden können. Auf der Frühjahrsversammlung in Ingolstadt hatten mehr als zwei Drittel der Bischöfe einer entsprechenden Handreichung zugestimmt. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und sechs weitere Amtsbrüder aber hatten in Rom Bedenken angemeldet, denen sich die Glaubenskongregation offenbar zumindest teilweise anschloss. Der Vatikan verwies jedoch vergangenen Donnerstag den Konflikt an die deutschen Bischöfe zurück: Papst Franziskus bitte sie, "im Geist kirchlicher Gemeinschaft eine möglichst einmütige Regelung zu finden".

Die Bischofskonferenz wird vorerst alleine den Weg zum Frieden suchen müssen - begleitet von den in Münster versammelten Katholiken, in deren Gemeinden die gemeinsame Kommunion von Ehepartnern oft längst inoffizielle Praxis ist.

© SZ vom 09.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: