Kämpfe in Syrien:US-Regierung verliert die Geduld mit Assad-Regime

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Die Kämpfe im syrischen Homs gehen weiter, täglich sterben Dutzende Menschen - und die USA scheinen langsam die Geduld mit Präsident Assad zu verlieren. Berichten zufolge sollen erstmals auch militärische Optionen ausgelotet werden, um die blutigen Auseinandersetzungen zu stoppen. Zunächst aber hofft man weiter auf diplomatische und wirtschaftliche Druckmittel.

Die Gewalt gegen Regierungskritiker in Syrien ebbt nicht ab, auch am Mittwoch rückten Streitkräfte von Präsident Baschar al-Assad ins Zentrum der Oppositionshochburg Homs vor. Allein in den vergangenen zwei Tagen wurden mehr als 100 Menschen getötet. Den USA geht deshalb offenbar langsam die Geduld aus. "Ihre Tage sind gezählt", sagte die Botschafterin der USA bei den Vereinten Nationen, Susan Rice, dem Nachrichtensender CNN und richtete sich dabei direkt an Assad. "Es ist längst überfällig, die Macht verantwortungsvoll und friedlich zu übergeben."

Rice reagierte damit laut CNN auf eine Information, die der Sender zuvor von zwei Vertretern aus Regierungskreisen erhalten hatte. Demnach würden die USA zwar weiterhin versuchen, mit diplomatischen Mitteln und wirtschaftlichem Druck auf Damaskus voranzukommen. Doch man habe intern vorsorglich damit begonnen, die Möglichkeiten der US-Streitkräfte auszuloten, für den Fall, dass Präsident Obama darauf zurückgreifen müsse. Dennoch betonte einer der beiden, bleibe dies "eine Aktion, um diplomatischen und wirtschaftlichen Druck zu erzeugen". Die Informanten wollten nicht namentlich genannt werden, weil sie eigentlich keine offizielle Auskunft hätten geben dürfen.

Am Dienstag hatten mehrere US-Abgeordnete, darunter der republikanische Senator John McCain, gefordert, die syrische Opposition mit Waffenlieferungen zu unterstützen. Die Regierung lehnte dies jedoch ab: "Im Moment erwägen wir einen solchen Schritt nicht", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney.

Im Zentrum der Überlegungen in Washington stehe derzeit die humanitäre Hilfe für Syrien. Die USA würden zwar niemals eine Option ausschließen, sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland. "Wir glauben aber nicht, dass mehr Waffen in Syrien die Antwort sind." Ziel sei es stattdessen, "das Geld zu verringern, das er (Assad) bekommt, um seine Kriegsmaschinerie weiter anzufeuern". Zudem müsse der demokratische Dialog in dem Land gestärkt werden.

"Alles tun, was wir können"

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) unterstützt ein schärferes Vorgehen gegen Assad. Dieser müsse endlich den Weg für einen demokratischen Wandel freimachen, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung am Mittwoch. Es gehe jetzt darum, "alles zu tun, was wir können", um die Gewalt in Syrien zu stoppen, so Westerwelle. Dazu könne ein neuer Anlauf im UN-Sicherheitsrat genauso gehören wie harte Sanktionen gegen die Regierung in Damaskus.

Die Arabische Liga forderte unterdessen ihre Beobachter auf, Syrien zu verlassen. Das bestätigte ein Mitarbeiter der Liga in Kairo. Der Leiter der Beobachtermission, Mohammed al-Dabi, und sein Stab sollen jedoch vorerst noch in Damaskus bleiben. Mehrere arabische Länder hatten zuvor bereits aus Protest gegen die anhaltende Gewalt des Regimes gegen die Opposition ihre Beobachter aus Syrien abgezogen. Sie waren im Dezember mit dem Auftrag dorthingeschickt worden, den Abzug der Armee aus den Städten und die Freilassung aller politischen Gefangenen zu überwachen.

Moskau: Abzug der Botschafter "unlogisch"

Russland kritisiert die Entscheidung der Arabischen Liga al "unlogisch". Damit werde die Krise nicht gelöst, sagte Außenminister Sergej Lawrow nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau, einen Tag nach seinem Treffen mit Präsident Assad in Damaskus. Assad habe seinen Vizepräsidenten Faruk al-Scharaa beauftragt, Kontakt mit allen Oppositionsgruppen zu halten und einen nationalen Dialog zu organisieren, so Lawrow. Diesem Dialog dürfe die Weltgemeinschaft nicht vorgreifen.

Der Außenminister forderte erneut Druck auf beide Konfliktparteien. "Diejenigen, die Waffen aufgenommen haben - ob von der Regierung oder der Opposition -, müssen unter Druck gesetzt werden, die Waffen abzugeben und sich an den Verhandlungstisch zu setzen", sagte er. Russland hatte am Samstag zum zweiten Mal mit einem Veto eine Resolution gegen das Assad-Regime verhindert und wurde dafür von anderen Staaten heftig kritisiert.

Die syrischen Sicherheitskräfte von Machthaber Assad setzten ihre schweren Angriffe auf die Oppositionshochburg Homs auch am Mittwoch fort. Nach Angaben von Aktivisten feuerten sie Raketen und Mörser ab, um die Kontrolle über bestimmte Stadtgebiete zurückzuerlangen. Panzer seien im Viertel Inschaat. Sie bewegten sich in Richtung Bab Amro, wo in den vergangenen zwei Tagen bei heftigen Kämpfen mindestens 100 Zivilisten ums Leben gekommen seien - auch am dritten Tag der massiven Kämpfe sollen bereits wieder Dutzende getötet worden sein.

Mutmaßliche Spione in Deutschland

Die Machenschaften des syrischen Regimes sind auch in anderen Ländern zu spüren: Einen Tag nach ihrer Festnahme werden zwei mutmaßliche syrische Spione an diesem Mittwoch in Berlin einem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes vorgeführt. Dabei wird über Haftbefehle für die beiden entschieden. Laut Bundesanwaltschaft sollen sie seit Jahren für einen syrischen Geheimdienst in Deutschland lebende Oppositionelle beobachtet und ausgeforscht haben.

Bei den Männern handelt es sich um einen 47-Jährigen mit deutscher und libanesischer Staatsangehörigkeit sowie einen 34 Jahre alten Syrer. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen kommen beide aus dem Umfeld der syrischen Botschaft in Berlin, sind aber nicht bei ihr angestellt. Sechs weitere Beschuldigte sollen ihnen beim Ausspähen syrischer Oppositioneller geholfen haben.

Im Dezember war der aus Syrien stammende Grünen-Politiker Ferhad Ahma in seiner Berliner Wohnung überfallen und niedergeprügelt worden. Nach Information der Bundesanwaltschaft steht sein Fall jedoch nicht in Zusammenhang mit den aktuellen Festnahmen.

© Süddeutsche.de/dpa/infu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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