Justiz:SS-Führer auf Internet-Blog

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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entscheidet: Nazi-Bilder können auch bei kritischer Haltung strafbar sein. Ein Blogger hatte Beschwerde gegen seine Verurteilung eingereicht.

Ein Blogger aus München ist mit einer Beschwerde gegen seine Verurteilung wegen der Veröffentlichung von Nazi-Symbolen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gescheitert. Das Straßburger Gericht erklärte die Beschwerde am Donnerstag für unzulässig. Der Kläger hatte im Herbst auf seinem Blog über den Schriftverkehr seiner Tochter mit einem Jobcenter berichtet. Er warf dem zuständigen Mitarbeiter des Jobcenters vor, er wolle seine Tochter wegen ihrer deutsch-nepalesischen Abstammung in einen Niedriglohnjob treiben. Unter der Überschrift "Passgenaue Eingliederung in das Billiglohnland" veröffentlichte er ein Bild des SS-Führers Heinrich Himmler in SS-Uniform mit NSDAP-Abzeichen und Hakenkreuzarmband. Zugleich postete er ein Zitat von Himmler über die Schulbildung von Kindern in Osteuropa während der Nazi-Besatzung.

Im Januar 2015 verurteilte ihn das Amtsgericht München wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Das Urteil wurde im Berufungsverfahren vom Landgericht in München weitgehend bestätigt, das Bundesverfassungsgericht nahm die Beschwerde des Bloggers nicht an. Der Mann argumentierte, er habe mit der Veröffentlichung des Himmler-Bildes gegen die Diskriminierung von Kindern mit Migrationshintergrund protestieren wollen. Dies wiesen die Gerichte in Deutschland zurück. Sie urteilten, der Blogger habe das fragliche Foto "als Blickfang genutzt" und sich nicht eindeutig von der nationalsozialistischen Ideologie distanziert. Erschwerend wurde gewertet, dass der Blogger bereits zuvor verurteilt worden war, weil er ein Foto von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Nazi-Uniform und mit aufgemaltem Hitler-Bart veröffentlicht hatte.

Vor dem Gerichtshof für Menschenrechte machte der Mann einen Verstoß gegen seine Meinungsfreiheit geltend. Die Straßburger Richter betonten, die Europäische Menschenrechtskonvention lasse Eingriffe in dieses Recht zu, wenn diese "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" seien. Im vorliegenden Fall sei "die deutsche Geschichte als gewichtiger Faktor zu bewerten". In Deutschland sei die Veröffentlichung von NS-Symbolen nur dann erlaubt, wenn sie mit einer "klaren und offensichtlichen Ablehnung der Nazi-Ideologie" einhergehe. Das habe der Kläger nach Auffassung der deutschen Justiz nicht erkennen lassen. Dieser Einschätzung schließe sich der Straßburger Gerichtshof an.

© SZ vom 06.04.2018 / AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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