Justiz:Freispruch für den "Herzensbruder"

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Im Düsseldorfer Terrorprozess wachsen die Zweifel an konkreten Anschlagsplänen einer kleinen Gruppe. Auch mit den Fakten nimmt es der Hauptangeklagte offenbar nicht so genau.

Von Jan Bielicki, München

Es hätte ein fürchterliches Blutbad werden sollen. Mitten in der Düsseldorfer Altstadt sollten sich zwei Attentäter in die Luft sprengen. Und an den Ausgängen des Kneipenviertels sollten acht Komplizen warten und mit Schnellfeuergewehren in die Fliehenden schießen. Den Auftrag zu dem Anschlag habe er von der Terrororganisation Islamischer Staat bekommen, so schilderte Saleh A. den angeblichen Plan, nachdem er sich in Paris den französischen Behörden gestellt hatte. Deswegen standen er und zwei Männer, die er als Mittäter benannt hat, seit Juli vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf.

Doch im Prozess sind die Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Aussagen stark gewachsen. Am Mittwoch sprachen die Richter in einem abgetrennten Verfahren einen der Mitangeklagten frei. "Trotz intensiver Ermittlungen" hätten sich "keine Beweise dafür gefunden, dass die früheren Anschuldigungen des Angeklagten Saleh A. im Ermittlungsverfahren richtig gewesen seien", begründete das Gericht den Freispruch für Mahood B.

Der Hauptangeklagte Saleh A. nimmt es mit Daten und Fakten offenbar nicht so genau

Der 26-Jährige Jordanier war bereits im Sommer aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Zuvor hatte der Hauptangeklagte am fünften Verhandlungstag auf einmal ausgesagt, die beiden von ihm bisher in etlichen Vernehmungen als Mitverschworene benannten Männer hätten mit den Anschlagsplänen doch nichts zu tun. Auf die Frage der Richterin Barbara Havliza, warum er den von ihm als "Herzensbruder" bezeichneten Kumpan nicht früher entlastet habe, antwortete Saleh A.: "Sollte etwa nur ich ins Gefängnis?"

Unter den peniblen Fragen Havlizas - die inzwischen als Justizministerin nach Niedersachsen wechselte und den Prozess nicht mehr leitet - wurde deutlich, dass der 30-jährige Syrer es offenbar auch sonst mit Daten und Fakten nicht genau nahm. Manche seiner Darstellungen muteten zudem sehr abenteuerlich an. So will er einerseits den Auftrag für den Anschlag von der Terrororganisation Islamischer Staat bekommen, andererseits den IS unterwandert und für den türkischen Geheimdienst gearbeitet haben. Mehrfach rastete er vor Gericht aus, brüllte die Richterin an und beschimpfte einen Mitangeklagten. Einem Gespräch mit dem vom Gericht bestellten psychiatrischen Gutachter verweigerte er sich bisher.

© SZ vom 14.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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