Israel:Schreckliche Routine

Mit Gewalt lässt sich der Terrorismus nicht besiegen.

Von Peter Münch

Nach der Polizei kommt die Putzkolonne, schnell wird aufgeräumt und weggewischt. In Israel hat sich eine schreckliche Routine eingestellt im Umgang mit der Gewalt, und auch in Tel Aviv sitzen am Morgen bereits wieder Gäste in jenem Café, an dem am Abend zuvor zwei palästinensische Attentäter vier Menschen erschossen hatten. Was bleibt von diesem Blutbad, ist vor allem die Frage: Wann kommt der nächste Anschlag?

Denn der Terror ist schon lange in Israel heimisch geworden. Immer neue Wellen überziehen das Land, und seit dem vorigen Oktober ist es besonders schlimm. Die Angreifer kommen mit Messern, aber immer öfter auch mit Schusswaffen. Dagegen sind die Menschen wehrlos, und auch der beste Sicherheitsapparat kann keine Sicherheit schaffen.

Eingestehen aber will sich das niemand. Im Gegenteil: Nach jedem Anschlag überbieten sich die israelischen Politiker darin, neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Gewalt anzukündigen. Das Sicherheitskabinett tagt, Tatkraft wird suggeriert, doch all das ist genauso zur Routine geworden wie die raschen Aufräumarbeiten an den Anschlagsorten. Natürlich kann Israel nicht kapitulieren vor dem Terror. Aber es wird auch den Terror nicht mit Gewalt besiegen können. Der einzige Weg führt über einen Ausgleich mit den Palästinensern. Aber solange nicht geredet und verhandelt wird, wird gewiss immer wieder geschossen.

© SZ vom 10.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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