Israel:Nur für Pilger

Lesezeit: 2 min

US-Vizepräsident Mike Pence wollte vor Weihnachten Jerusalem und Bethlehem besuchen. Dagegen protestierten auch dortige Christen. Jetzt hat die US-Regierung den Besuch vorerst abgesagt.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Mike Pence ist nicht nur Vizepräsident der USA, sondern auch evangelikaler Christ. Als solcher wollte er in der Vorweihnachtszeit Christen und christliche Stätten im Heiligen Land besuchen und damit ein Zeichen der Unterstützung setzen - eine Art politische Wallfahrt. Treffen mit Israels Premier Benjamin Netanjahu und dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas waren ebenfalls geplant. Am Programm war seit Monaten gefeilt worden: Pence, der zum Kreis der radikalen christlichen Rechten gehört, wollte auch die Geburtsstätte Jesu in Bethlehem besuchen. Und weil zu der Zeit in Israel auch gerade Chanukka, das jüdische Lichterfest gefeiert wird, wollte er an der Menora an der Klagemauer ein Licht anzünden.

Washington nennt als offiziellen Grund die Abstimmung über die Steuerreform

Aus dem Programm wird nun nichts. Am Donnerstag wurde bestätigt, dass Pence nicht wie geplant am Sonntag eintreffen und bis Dienstag bleiben wird. Wenn überhaupt, wird Pence erst am Mittwoch ankommen. Offizieller Grund ist die Abstimmung über die Steuerreform Anfang kommender Woche: Im US-Senat haben die Republikaner nur eine knappe Mehrheit, es könnte daher auf die Stimme des Vizepräsidenten ankommen, der gleichzeitig Präsident des Senats ist.

Inoffiziell heißt es, der wahre Grund sei, dass Pence nach der US-Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, als eine Art Persona non grata behandelt wird - nicht nur Muslime, sondern auch Christen verweigern Treffen mit ihm. Zuerst sagte der palästinensische Präsident Mahmud Abbas ab. Er begründete dies damit, dass "eine rote Linie überschritten" worden sei. Das Weiße Haus warf daraufhin den Palästinensern vor, sie würden den vor den Bemühungen, Frieden zu schaffen, davonlaufen.

Dann teilte man Pence über die Medien mit, er sei auch in Bethlehem nicht willkommen - höchstens als einfacher Pilger, richtete ihm Bürgermeister Anton Salman aus. Bethlehem ist zwar nur acht Kilometer von Jerusalem entfernt, liegt aber im Westjordanland und damit im Einflussbereich der palästinensischen Autonomiebehörde.

Am Mittwoch erregte dann ein offener Brief des Schlüsselverwalters der Grabeskirche, dem zentralen Ziel der christlichen Pilger in der Jerusalemer Altstadt, Aufsehen: Kustos Adeeb Jowdeh al-Husseini rief dazu auf, Pence abzuweisen, und forderte auch die Vertreter anderer Religionen zu einem Boykott auf. Die Sprecherin von Pence versicherte daraufhin, ein Besuch der Grabeskirche sei gar nicht geplant gewesen. Diese ist in der Hand von sechs christlichen Konfessionen, der Schlüssel wird aber seit Jahrhunderten von zwei muslimischen Familien verwaltet.

In den vergangenen Tagen haben sich demonstrativ Priester und Vertreter der christlichen Kirchen den palästinensischen Protesten gegen die US-Entscheidung angeschlossen. Bereits zuvor hatten Vertreter der Kopten und des Großimam erklärt, sie wollten Pence bei dessen Visite in Kairo, wohin er aus Israel kommend reisen wollte, nicht treffen.

Auch der ursprünglich fest eingeplante Besuch an der Klagemauer wackelt. Aus dem Lichteranzünden wird ohnehin nichts, denn das Chanukka-Fest ist zum Zeitpunkt von Pence' neuem angedachten Besuchstermin vorbei. Die Jerusalemer Altstadt liegt zudem im Ostteil der Stadt und damit in jener Zone, in die seit der Trump-Erklärung US-Botschaftsmitarbeiter aus Sicherheitsgründen nicht gehen dürfen.

Sofern Pence nächsten Mittwoch tatsächlich kommt, steht außer obligatorischen Treffen mit Regierungschef Benjamin Netanjahu und Staatspräsident Reuven Rivlin sowie einem Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem noch eine Rede in der Knesset am Donnerstag auf dem Programm. Für diesen Fall haben aber die arabischen Abgeordneten im israelischen Parlament bereits Proteste angekündigt. Sie wollen "eine klare Botschaft an die US-Regierung und die Welt aussenden, dass es Bürger gibt, die Trumps Ankündigung vehement ablehnen". Wegen möglicher Protestaktionen war Trumps Rede im Frühjahr von der Knesset in ein Museum verlegt worden.

US-Außenminister Rex Tillerson beschwichtigte indes, eine Verlegung der Botschaft nach Jerusalem vor dem Jahr 2020 sei unwahrscheinlich.

© SZ vom 15.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: