Israel:Jede Bewegung wird registriert

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Ausschließlich Frauen sind zur Überwachung der Grenze eingesetzt. Sie müssen hoch konzentriert arbeiten und Multitasking beherrschen. (Foto: Israelische Streitkräfte)

Wie das Militär vom Golan aus die Grenze zu Syrien überwacht. Ein Besuch im Kontrollzentrum.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Ein Zivan

Der Raum ist voll mit jungen Frauen: Jede hat zwei übereinanderstehende Monitore vor sich, die Bildschirme sind in verschiedene Segmente aufgeteilt. Auf jedem Bildausschnitt sind Vorgänge an der 80 Kilometer langen Grenze zwischen Israel und Syrien zu sehen, die Dutzende Kameras liefern. Es ist der Kontrollraum in der größten Militärbasis auf den von Israel seit 1981 annektierten Golanhöhen, in der Nähe des Orts Ein Zivan.

Alle Augen sind auf Bildschirme gerichtet, es herrscht gespannte Ruhe. Auf einem Ausschnitt ist ein Mann zu beobachten, der zwei Dutzend Schafe ganz nahe an den Grenzzaun heranführt. Die Soldatin zoomt so dicht heran, dass man sogar die Klauen der Tiere in Großaufnahme sehen kann. "Wir müssen auf alles achten. Es könnte sich hier auch Sprengstoff verbergen", sagt die Kommandantin der Feldbeobachtungseinheit auf dem Golan, Noam Boymayster. Von Fahrzeugen, die sich in der Nähe der Grenze aufhalten, werden die Nummernschilder registriert.

Vier Stunden lang dauert der für die Augen anstrengende Dienst im abgedunkelten Kontrollraum

Die 24-jährige Offizierin ist für etwa 150 Soldatinnen und Soldaten verantwortlich. Selbst Uniformierte müssen vor dem Einlass strenge Sicherheitskontrollen über sich ergehen lassen. Vier Stunden dauert der für die Augen anstrengende Dienst der Soldatinnen an den Bildschirmen in dem abgedunkelten, kalten Raum. Die Kaffeebecher auf den Tischen stehen in Griffweite. Warum arbeiten nur Frauen hier? "Man braucht sehr viel Konzentration und muss Multitasking beherrschen. Wir haben es mit Männern probiert, aber es hat nicht so gut geklappt", antwortet die Kommandantin lachend.

Der Kontrollraum für die Bodenüberwachung ist rund um die Uhr besetzt. Wird etwas Verdächtiges entdeckt, verständigen die Soldatinnen telefonisch ihre militärischen Führungskräfte. Wenn notwendig, werden auch die in der Nähe stationierten UN-Soldaten involviert. "Wenn etwas passiert, dann informieren wir einander wechselseitig", sagt die Kommandantin.

Vor drei Monaten war der letzte gravierende Vorfall. Was genau passierte, darf sie nicht sagen. Bekannt ist dagegen, dass am 10. Februar eine iranische Drohne abgeschossen wurde, die von Syrien kommend in den israelischen Luftraum eingedrungen war. Bei Vergeltungsangriffen auf syrischem Gebiet wurde ein israelischer Jet getroffen, der über heimatlichem Gebiet in der Nähe von Haifa abstürzte. Dass Israel an dem Tag und in den Wochen danach keine weiteren Angriffe flog, ist laut nicht dementierten israelischen Medienberichten auf ein Telefonat von Russlands Präsident Wladimir Putin mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu zurückzuführen. Putin versprach, dass es keine Aktionen von iranischen oder syrischen Kräften Richtung Israel mehr gebe. Bis jetzt hält dieser zwischen Putin und Netanjahu geschlossene Deal zur Zurückhaltung. Zuvor hatte Israel rund hundert Mal Luftangriffe in Syrien gestartet.

Formell befindet sich Israel mit Syrien im Kriegszustand. Mit technischen Geräten, Patrouillen und Panzern überwacht die israelische Armee den Grenzraum, drei Bataillone sind ständig hier stationiert. In die elektronische Luftraumüberwachung auf dem Golan und dem Hermongebirge hat Israel einen Betrag in dreistelliger Millionenhöhe investiert. Der Überraschungsangriff im Jom-Kippur-Krieg von 1973, als mehr als tausend syrische Panzer auf die Golanhöhen vordrangen, ist in Israel unvergessen. Das Hochplateau auf einer Länge von 60 und einer Breite von 25 Kilometern ist für die israelische Armee von strategischer Bedeutung. Selbst ohne technische Hilfsmittel sind auf der Ebene, die sich auf syrischer Seite ausbreitet, Bewegungen von Fahrzeugen zu beobachten.

Kommandantin Boymayster erläutert von einer Anhöhe beim Berg Bental aus, wer sich auf der syrischen Seite wo befindet. Nur wenige Kilometer entfernt sind die Altstadt von Quneitra und die neueren Stadtviertel zu sehen. Hier kämpfen Rebellen und Regierungstruppen gegeneinander. Weiter südlich kontrolliert eine der Terrormiliz IS nahestehende salafistische Gruppierung, die Khalid-ibn-al-Walid-Armee, die Grenzregion. Gelegentlich sind Schüsse zu hören, manchmal wird über die Grenze gefeuert. "Es ist nicht immer einfach, den Überblick und die Ruhe zu bewahren", meint Kommandantin Boymayster.

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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