Israel:Heikle Phase

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Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. (Foto: Jim Hollander/dpa)

Während Donald Trump eine Entscheidung über das Atom-Abkommen ankündigt, rüstet sich Israels Armee für einen iranischen Angriff.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Es waren fast gleichlautende Berichte, die in den israelischen Hauptnachrichtensendungen im Fernsehen, in den Radiosendungen, in Zeitungen und Onlineportalen zu sehen, zu hören und zu lesen waren. Ihr Inhalt: Iran plane in naher Zukunft Raketenangriffe auf militärische Ziele im Norden des Landes, hieß es unter Berufung auf nicht namentlich genannte "offizielle Quellen aus dem Verteidigungsbereich". Es soll sich um Vergeltungsschläge für die Luftangriffe auf iranische Stellungen in Syrien handeln, die Israels Militär durchgeführt haben soll und bei denen im April mehr als zwei Dutzend Iraner umgekommen sein sollen.

Laut Erkenntnissen israelischer Vertreter von Militär und Geheimdienst wird erwartet, dass Lenkwaffen eingesetzt werden, hieß es in den Berichten. Islamische Revolutionsgarden, Mitglieder der libanesischen Hisbollah und lokaler schiitischer Gruppierungen in Syrien seien mit Vorbereitungen beschäftigt, die sich in fortgeschrittenem Stadium befänden. Geleitet werden sollen sie von Generalmajor Qassem Soleimani, dem Chef der für Auslandseinsätze zuständigen Quds-Brigaden der Revolutionsgarden.

Zum Einsatz kommen könnten mit Waffen versehene Drohnen und Boden-Boden-Raketen. Iran verfügt nach israelischen Erkenntnissen über Kurzstreckenraketen vom Typ Fadschr-5 und Raketen des Typs Fateh-110, die eine Reichweite von bis zu 400 Kilometern haben. Auch Mittelstreckenraketen vom Typ Shehab mit einer Reichweite bis zu 1300 Kilometern sollen zur Verfügung stehen. Luftabwehrsysteme seien in Syrien bereits in Stellung gebracht worden wegen befürchteter israelischer Vergeltungsangriffe. Auch ein Cyberangriff wird für möglich gehalten. Iran sei jedenfalls entschlossen, einen Angriff auszuführen. Nach Einschätzung der israelischen Experten will Iran Vergeltungsschläge aber präzise auf Militärbasen im Norden Israels beschränken, zivile Ziele sollen vermieden werden, um keinen Krieg zu provozieren.

Dennoch wurden die Bürgermeister und Leiter der lokalen Behörden im Norden Israels zu Informationsgesprächen zusammengetrommelt. Die im Norden lebenden Bürger bekamen noch keine Instruktionen für spezielle Vorsichtsmaßnahmen. Es trat auch das Sicherheitskabinett zu einer Sitzung zusammen.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wandte sich an die Öffentlichkeit. "Wir wollen keine Konfrontation, aber wenn es eine geben muss, ist jetzt besser als später." Man sei "entschlossen", die "iranische Aggression" gegen Israel zu stoppen."Wir wollen keine Eskalation, aber wir sind auf jedes Szenario vorbereitet." Israel hat seine Raketenabwehrsysteme in Stellung gebracht. Netanjahu trifft am Mittwoch Russlands Präsident Wladimir Putin, dabei wird es auch um die Stellung Irans in Syrien und Israels Befürchtungen gehen, dass sich Teheran in der Region festsetzt. Israel hofft, dass Russland auf Iran mäßigend einwirkt.

Israel will signalisieren, dass man über Irans Raketen Bescheid weiß

Durch diese gesteuerte Informationsverbreitung über Medien, die die Militärzensur zugelassen hat, verfolgen die Verantwortlichen in Israel mehrere Ziele: Zum einen soll die Bevölkerung auf mögliche Raketenangriffe vorbereitet werden. Gleichzeitig soll Teheran signalisiert werden, dass Israel Vorbereitungen für einen Angriff registriere und auch über Raketentypen Bescheid wisse.

Die Berichte sollen wohl auch Eindruck auf Donald Trump machen. Am Montag kündigte der US-Präsident auf Twitter an, dass er seine Entscheidung über die Zukunft des Atomabkommens mit Iran an diesem Dienstagabend bekannt geben werde. Netanjahu dringt auf ein Ende der Vereinbarung, während etwa Israels Generalstabschef Gadi Eisenkot der Ansicht ist, dass der Vertrag sehr wohl wirkt und Irans Ambitionen einschränkt.

Syriens Präsident Baschar al-Assad hatte erklärt, ein Vergeltungsschlag komme nicht vor der Parlamentswahl in Libanon infrage. Der Urnengang fand am Sonntag statt, und die mit Iran verbündete Hisbollah ging gestärkt daraus hervor. Kommende Woche sind zudem Feiern zum 70. Jahrestag der Staatsgründung Israels angesetzt.

© SZ vom 08.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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