Israel:Geschenkkorb und Tumult

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US-Vize Pence hofiert Israel und kündigt an, bis Ende 2019 die Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Die Proteste der Palästinenser ignoriert er.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Jerusalem

Freundschaft: Premier Benjamin Netanjahu und Mike Pence. (Foto: Ariel Schalit/AFP)

Zuerst gab es stehenden Beifall für den US-Vizepräsidenten Mike Pence in der Knesset, dann kam es plötzlich zu Tumulten: Arabische Abgeordnete unterbrachen Pence mit Zwischenrufen. Sie reckten Schilder in die Höhe, auf denen ein Bild mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee zu sehen war und die Aufschrift: "Jerusalem ist die Hauptstadt von Palästina." Pence, der gerade zwei Sätze gesagt hatte, unterbrach nur kurz und beobachtete, wie die Abgeordneten, begleitet von Beifall, von Ordnern aus dem Saal geführt wurden. Dann kam er gleich zur Sache: "Es ist eine große Ehre, als erster US-Vizepräsident hier zu stehen. Hier in Jerusalem, der Hauptstadt Israels."

In seiner rund halbstündigen Rede, für die extra ein Teleprompter in der Knesset aufgestellt werden musste, bezeichnete er mehrmals die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump vom 6. Dezember, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, als historisch. Er ging nicht auf die Proteste der Palästinenser ein, die den Ostteil der Stadt als Hauptstadt eines künftigen Staates Palästina beanspruchen.

Pence kündigte an, dass die USA bis Ende 2019 ihre Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen werden. Trump habe das Außenministerium angewiesen, mit den Planungen für den Umzug von Tel Aviv nach Jerusalem zu beginnen, sagte Pence. US-Außenminister Rex Tillerson hatte dagegen mehrfach erklärt, die Botschaft werde erst in drei Jahren, vielleicht auch erst nach Trumps Amtszeit, ihren Betrieb in Jerusalem aufnehmen. Israels Premier Benjamin Netanjahu hatte vor kurzem behauptet, die US-Botschaft werde "viel schneller als erwartet, innerhalb eines Jahres" verlegt. In der Knesset pries Netanjahu die Jerusalem-Entscheidung als einen der wichtigsten Momente in der Geschichte des Zionismus. Das Bündnis zwischen Israel und den USA sei so stark wie nie zuvor.

Pence zeigte sich davon überzeugt, dass Trumps Jerusalem-Erklärung Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern befördern werde. "Wir wissen, die Israelis wollen Frieden." Von der Knesset aus wandte er sich direkt an die Palästinenser: "Wir fordern die palästinensische Führung nachdrücklich auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Frieden kann nur durch Dialog erreicht werden." Die USA werden nie die Sicherheit Israels aufs Spiel setzen, versprach Pence. Jedes Friedensabkommen müsse Israels Verteidigungsrecht beinhalten.

Er nannte keinen Zeitplan und ging nicht darauf ein, wie mit den jüdischen Siedlungen im Westjordanland eine Zweistaatenlösung möglich sei. Zuvor hatte ihm der Sprecher der Knesset, Yuli Edelstein, "einen Geschenkkorb, hergestellt im Westjordanland in einem Unternehmen, das Juden und Araber beschäftigt", übergeben. Auf Einladung der US-Botschaft in Israel durften Vertreter jüdischer Siedlungen der Rede in der Knesset lauschen.

Pence attackierte auch Iran als Sponsor von Terrorismus in der Region scharf. Die frühere US-Regierung habe ein Abkommen unterschrieben. "Der iranische Nuklearvertrag ist ein Desaster und die USA werden nicht länger diese als krank angesehene Vereinbarung zertifizieren", sagte Pence. Trump habe klargemacht, dass er die Sanktionen ein letztes Mal aussetze. "Die USA werden nie erlauben, dass Iran Atomwaffen besitzt", versicherte Pence. Er wandte sich direkt an das iranische Volk: "Wir sind an eurer Seite und ihr werdet bald vom Regime befreit sein!" Er rief andere Staaten auf, es den USA gleichzutun. Es gebe Unterstützung für verfolgte Christen in der Region in Höhe von 100 Millionen Dollar, sagte der evangelikale Christ.

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat beurteilte die Rede als "Botschaft an den Rest der Welt: Man kann internationales Recht und Resolutionen verletzen und von den USA belohnt werden". Die Palästinenserführung rief für diesen Dienstag zum Generalstreik auf. Pence, der keine Zeit für ein Treffen mit Oppositionsführer Jitzak Herzog von der Arbeitspartei gefunden hat, will am zweiten Tag seiner Visite die Klagemauer in Ostjerusalem besuchen. Dort werden ihn wieder Proteste erwarten.

© SZ vom 23.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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