Iran:Zurück in der Weltwirtschaft

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Weil die Islamische Republik ihr Atomprogramm beschränkt hat, lassen Amerika und die EU viele Sanktionen fallen. Teheran darf zum Beispiel wieder Öl exportieren.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Nach jahrelanger Isolation durch den Westen kehrt Iran in das internationale Finanz- und Wirtschaftssystem zurück. Die USA und die EU gaben in der Nacht zum Sonntag bekannt, dass sie einen Großteil der wegen des Atomstreits gegen Teheran verhängten Sanktionen aufheben. Zuvor hatte die Internationale Atomenergiebehörde bestätigt, dass Iran alle dafür vereinbarten Voraussetzungen erfüllt hat, die das im Juli geschlossene Abkommen mit den fünf UN-Vetomächten und Deutschland vorsieht. Iran und die USA tauschten zudem Gefangene aus.

Iran erhält Zugang zu geschätzt 100 Milliarden Dollar, die durch die Sanktionen blockiert waren. Zudem kann das Land wieder Öl exportieren und das internationale Bankensystem nutzen. Die EU hob alle Beschränkungen für Handel, Schifffahrt und Versicherungen auf. 400 Personen wurden von Sanktionslisten gestrichen; in den USA und der EU bleiben aber weiter Strafen wegen Menschenrechtsverletzungen und der Unterstützung von Terror-Organisationen in Kraft. Die USA verhängten am Sonntag wegen umstrittener Tests ballistischer Raketen neue Sanktionen gegen elf Personen und Firmen in Iran.

Irans Präsident Hassan Rohani sprach von einem "historischen Tag", an dem "eine goldene Seite" aufgeschlagen werde. Er hatte im August 2013 die Wahl mit dem Versprechen gewonnen, ein Ende der Sanktionen zu erreichen. Er dankte dem Obersten Führer Ali Chamenei, Irans mächtigstem Mann, von dem lange nicht klar war, ob er das Abkommen mittragen werde.

Iran hat im Gegenzug weitreichende Beschränkungen für sein Atomprogramm umgesetzt. Techniker motteten 12 000 der einst mehr als 18 000 betriebsfähigen Zentrifugen zur Urananreicherung ein. Bis auf 300 Kilogramm wurden alle Vorräte an angereichertem Uran, das sich besonders gut als Ausgangsstoff für die Produktion von Atomwaffen eignet, nach Russland ausgeführt. In den Kern eines in Bau befindlichen Schwerwasserreaktors in Arak, der ebenfalls für Waffen geeignetes Plutonium produziert hätte, goss man Beton.

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, die Umsetzung der im Gesamtrahmen des Abkommens besonders bedeutenden Beschränkungen für die Erforschung und Entwicklung neuer Zentrifugen zur Urananreicherung seien bis zuletzt umstritten gewesen. Deutschland habe sich zusammen mit den USA für "denkbar höchste Schranken" eingesetzt und dabei Fachwissen von Experten aus der Industrie genutzt. Präsident Barack Obama sagte am Sonntagabend, wieder einmal habe sich gezeigt, "was mit einer starken amerikanischen Diplomatie möglich ist". Israels Premier Benjamin Netanjahu kritisierte, Iran stünden jetzt "mehr Ressourcen für den Terrorismus und seine Aggression in der Region zur Verfügung", eine Sorge, die auch die sunnitischen Golfstaaten teilen.

Iran ließ zudem fünf inhaftierte Amerikaner, die meisten von ihnen Doppelstaatler, frei - unter ihnen ist der wegen Spionagevorwürfen verurteilte Korrespondent der Washington Post, Jason Rezaian. In den USA kamen sieben Iraner frei, denen Verstöße gegen die Iran-Sanktionen zur Last gelegt wurden.

© SZ vom 18.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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